Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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der Hand noch über dreißig Acker geführt hat. Das Wappen seines 
Leichensteins zeigte im blauen Felde eine Justitia mit verbundenen 
Augen und hoch emporgehobenem Schwerte, und darüber prangte ein 
geschlossener Turnierhelm.“ 
–. — — 
1237. Der Schenkwirt zu Postwitz. 
Gräße, Bd. Il, Ar. 868; A. Laus. Mag., S. 315; Haupt, Bd. II, S. 140. 
Als König Matthias im Jahre 1611 zur Huldigung nach 
Bautzen kam, reiste ihm der Landeshauptmann mit den Ritter— 
pferden, an 500 Mann stark, bis Postwitz entgegen, wohin auch 
der Rat schon Lebensmittel gesendet hatte. Der König hielt sein 
Mittagsmahl am 3. September im Garten der Schenke. Der 
Pfarrer des Ortes sprach dabei das Tischgebet, und als der König 
ihn aufforderte, sich eine Gnade auszubitten, bat er um die Ver— 
stattung des Kelches im heiligen Abendmahl, was auch für ewige 
Zeiten gewährt wurde. Aun sollte sich auch der Schenbwirt eine 
Gnade ausbitten, aber er konnte sich im Augenblick auf nichts 
Bechtes besinnen. Da dachte der König: „Das muß ein zufriedener 
Mann sein!“ und ritt von dannen. Als der Zug weg war, fiel 
dem Schenkwirt ein, was er brauchte, und er lief den Reitern nach 
bis auf die Anhöhe von Baschau. Der König hielt eine Weile sein 
Pferd an und sagte: „Aun, Schenke, was willst du?“ Da sagte 
der Schenke, er müsse das Stadtbier schenken, und das sei so teuer 
und er habe nichts davon, und er bitte Se. Alajestät, daß ihm das 
BRecht verliehen werde, daß er aus jeder Kanne, die er den Gästen 
auftrage, den ersten Trunk tun dürfe. Da lächelte der König und 
sagte: „Ja, das Recht soll Er haben!“ Zufrieden und dankbar 
kehrte der Schenkwirt um, und alle seine Nachkommen bedienen 
sich bis auf diese Stunde des Böniglichen Privilegiums. brigens 
nennen in dem ganzen Teil des Lausitzer Erzgebirges die Schenk- 
wirte diese Sitte noch heute das Gebirgische Recht. 
  
*Eine ähnliche Geschichte wird bei Gräße, Rd. II, S. 328 ff., von 
einem Scharfrichter zu Eisenberg (Altenburg) erzählt, eine zweite aus Görlitz 
in desselben „Sagenbuch des preußischen Staates“ (Glogau 1871, Bd. U., 
S. 376 ff). 
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