— 1073 —
In dem einjährigen, jetzt fast ganz vergessenen Kriege“ tritt
eines Tages, als jenseits der Elbe das Lager der Preußen stand,
ein preußischer Kürassier in die Waitzdorfer Schenke ein, trinkt
ruhig sein Glas Bier, fragt, wie es dem alten preußischen Husaren
gehe, und erhält zur Antwort, der sei längst tot, die Tochter aber
noch zu haben. Da verläßt er schnell die Schenke, geht nach dem
Hause des Verstorbenen und sieht dort das Mlädchen mit ihrem
Spinnrade vor der Türe sitzen. Kaum erkennt er sie wieder, so ist
ihr Antlitz nach neun Jahren entstellt. Bleich, mager, das früher
so feurige Auge ohne jeden Glanz, gleicht sie einer Blume, an deren
Wurzel der Wurm nagt. Auf des Kürassiers „Guten Tag, BRosel!“
stößt sie einen Schrei aus, springt auf und will ihn umarmen, doch
„Gott mit dir!“ ruft jener in schmerzerfülltem Tone und geht fort
nach dem tiefen Grunde. Hier finden ihn die Bauern, die dem
Aärder nachgeeilt waren, um ihn festzunehmen, bei dem Grabe
knieend beten. Als sie ihn umstellen, steht er ruhig auf, zieht seinen
langen Pallasch und spricht: „Romme mir heiner in den Wegl“
Dann geht er langsamen Schrittes das Tal hinab, der Elbe zu.
Die Leute folgen ihm auch dorthin, um ihn anderen Tages als
Müörder anzuklagen. Aber am Morgen rief die Trompete zum
Aufbruche, das Heer zog nach Böhmen, und seitdem hat man nichts
mehr von ihm gehört. Das Mädchen starb noch im nänmlichen
Jahre. (Vgl. Ar. 1131.)
1266. Der Sterndeuter im Goßdorfer Raubschloß.
Aach Tromlitz, Romant. Wanderung durch die Sächs. Schweiz, S. 133 ff.;
danach (und nicht aus mündlicher Uberlieferung) bei Rebros, Sagenklänge
aus der Sächs. Schweiz, S. 103.
Auf der kleinen Burg an der Schwarzbach bei Goßdorf, die
den Birken von der Duba gehörte, hauste zur Zeit der Hussiten-
kriege ein alter Mann, den niemand Bannte, und von dem man
sich nur erzählte, daß er dem Ritter von Hohnstein das Leben ge-
rettet habe und zum Danke dafür in den Aießbrauch der Burg
und des Dorfes eingesetzt worden sei. Er bewohnte mit zwei zottigen,
* Da dieser 1778 stattfand, das Duell aber 1699 gewesen sein soll,
so liegt irgend eine Zeitverwechselung vor.
Meiche, Sagenbuch. 68