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durch das Schlüsselloch und flog selber zuletzt hinaus. Sie fuhren
nun über das Schwarze Meer nach Dresden. Auf dem Meere
fahrend erblickte der Kutscher in der Höhe eine Schwalbe, auf welcher
jemand ritt. Sogleich sagte er dies dem Herrn. Dieser riß schnell
dem Fürsten einen Knopf ab und schoß damit auf den Schwalben=
reiter. Alsbald fiel dieser herunter und Krabat erkannte in ihm
seinen besten Freund.
Glücklich zu seinem Heere zurüchgekehrt, verhieß der König
seinem Retter fürstliche Dankbarkeit. Aach beendigtem Feldzuge
wollte er die Schuld nach Gebühr abtragen. Zunächst aber machte er
noch einmal Gebrauch von den Rünsten Krabats. Er wünschte im
Interesse eines glücklichen Kriegserfolges die geheimen Pläne der
türkischen Heeresleitung zu ertunden. Dazu verhalf ihm der Hexen-
meister. In zwei Fliegen verwandelt behorchten beide die Gespräche
des Sultans in dessen Hauptquartier. Krabat hatte den König
warnend gebeten, sich auf Reinen silbernen Eßlöffel zu setzen.
Während nun Krabats Insektengestalt beständig am Rande der
Schüssel des Sultans herumlief, versah es die königliche Fliege und
berührte umherschwirrend einmal einen Löffel. Sofort fing ein unter
dem Tische liegender großer Hund an zu knurren. Eiligst mußten
die Lauscher, die in ihrer menschlichen Gestalt den Türken sichtbar
wurden, entfliehen. Einem türkischen Soldaten, welcher den feind-
lich Uniformierten hindernd entgegentrat, warf Krabat einen eisernen
Radreifen über den Kopf, der sich sogleich zu einer unlösbaren Hals-
krawatte zusammenzog. So entkamen sie.
Der Krieg war zu Ende. Heimgekehrt in seine Besidenz,
bot der dankbare König seinem Retter große Summen. Krabat
aber schlug bescheidentlich alles aus. Erst als der Fürst in ihn
drang, sich doch irgend eine Gnade auszubitten nach seinem Ge-
fallen, äußerte er den Wunsch nach dem Besitz des Kammergutes
Groß-Särchen bei Hoyerswerda. „Wenn du weiter nichts begehrst
als die große Entenpfütze,“ sagte der König, „so mag dieselbe dein
sein für immer!“
Zwischen dem nunmehr zum Gutsherrn gewordenen Krabat
und dem Könige entspann sich ein freundschaftliches Verhältnis.
Ihm angetragene Stellungen im Staatsdienste nahm der einstige
Musketier nicht an; doch blieb er lebenslang privater Ratgeber
und Beistand seines gnädigen Landesherrn. Als solcher besaß er
Meiche, Sagenbuch. 35