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Abgesehen von diesen drei Ausnahmefällen, zieht eine Weigerung,
die Wahl anzunehmen, in gleicher Weise resp. mit den gleichen
Einschränkungen wie die Nichtannahme einer Wahl in den Senat (siehe
oben § 22), den Verlust des Bürgerrechts, sowie der öffentlichen
Amter und Ehrenstellen nach sich!! Eine Befreiung von dieser Konse-
quenz der Annahmeverweigerung, sowie die Entlassung eines bereits
eingetretenen Mitgliedes der Bürgerschaft kann nur durch Beschluß
der Bürgerschaft erfolgen.?
Der hiernach in Hamburg bestehende Zwang zur Übernahme
und Fortführung eines Abgeordnetenmandates ist etwas recht Un-
gewöhnliches, für das sich eine Analogie wohl nur in zwei deutschen
Staaten (Sachsen-Altenburg und Reuß ä. L.), sowie in Norwegen
findet.¾ Der betreffende Zwang ist übrigens, im Gegensatz zu dem
Amtszwang bei den Mitgliedern des Senats und der sog. Deputationen
(s. unten § 55), eigentlich nur ein moralischer. Wenn ein zum Mit-
glied der Bürgerschaft Gewählter an den Sitzungen und Arbeiten
derselben nicht teilnimmt, so kann man ihm nichts anhaben, es sei
denn, daß er von vornherein ausdrücklich erklärte, er wolle die Wahl
nicht annehmen. Im allgemeinen wird freilich nur selten jemand
gegen seinen Willen zum Bürgerschaftsmitglied gewählt werden. Immer-
hin aber kann dies doch vorkommen, und ferner ist es jedenfalls wieder-
holt vorgekommen, daß Mitglieder der Bürgerschaft sich im Laufe der
sechsjährigen Mandatszeit den Pflichten ihres Mandates einfach ent-
ziehen. Einem solchen pflichtwidrigen Verhalten von Mitgliedern der
Volksvertretung würde sich, wenn die Möglichkeit einer Mandatsnieder-
legung existierte, wahrscheinlich leichter entgegenwirken lassen.
1 Verf. Art. 34. In der Verfassung von 1860 lautete der betr. Passus:
„Der Gewählte ist zur Annahme der Wahl verpflichtet bei Verlust der staats-
bürgerlichen Rechte und des Rechtes, in Stadt oder Gebiet ein bürgerliches Ge-
werbe zu betreiben, für die Dauer der nächsten 10 Jahre." (Ahnlich Kon-
stituantenverfassung Art. 54.)
* Verf. Art. 34.
Vgl. G. Meyer, Deutsches Staatsrecht, § 102, Anm. 1, und Aschehoug
Staatsrecht von Schweden und Norwegen, 1886, S. 138. — In Lübeck und
Bremen giebt es einen solchen Zwang nicht (Lüb. Verf. Art. 28, Brem. Verf.
8 41). In Sachsen ist ein Austritt aus der Kammer während einer Session
nur mit Genehmigung der Kammer gestattet (Wahlgesetz 8 8).