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ausnahmsweise von der Bürgerschaft entlassen werden. Diäten oder
anderweitige Entschädigungen erhalten sie nicht.?
Es handelt sich demnach bei der Thätigkeit der Bürgerschafts-
mitglieder um eine unentgeltlich zu leistende Bürgerpflicht. Die Be-
zeichnung Amt resp. Ehrenamt dürfte jedoch hier, wie bei anderen
Volksvertretungen, richtiger nicht angewandt werdens; denn unter amt-
lichen Befugnissen pflegt man Regierungs= oder Verwaltungsbefugnisse
innerhalb eines bestimmten Amts= oder Geschäftskreises zu verstehen,
und mit dem Amte ist ferner durchweg eine besondere juristische oder
politische Verantwortlichkeit verbunden, die bei Volksvertretungen und
speciell auch bei der Bürgerschaft ausgeschlossen ist."“ Jedenfalls sind
die Mitglieder der Bürgerschaft weder im Sinne des hamburgischen
1 Verf. Art. 34 u. 42. Über die Folgen einer Nichtannahme des Mandats
s. oben § 37 u. 22. — Gesuche um Entlassung aus der Bürgerschaft sind an den
Präsidenten derselben zu richten. Dieser veranlaßt zunächst einen Bericht des
Wahlprüfungsausschusses, und, wenn dieser eingegangen, entscheidet die Bürgerschaft
nach einmaliger Beratung durch einfache Stimmenmehrheit. Von dem Ergebnisse
der Abstimmung wird dem Präsidenten des Senats Anzeige gemacht. (Geschäfts-
ordnung 8 67.)
2 Im Art. 44 der Verfassung heißt es: „Die Mitglieder der Bürgerschaft
verwalten ihr Amt unentgeltlich.“ Mit dieser Verfassungsbestimmung würde
eine etwaige Vergütung derjenigen Auslagen, welche den in Cuxhaven und
Bergedorf wohnhaften Bürgerschaftsmitgliedern durch die notwendigen Eisenbahn-
fahrten nach Hamburg erwachsen, wohl nicht unvereinbar erscheinen können.
3 Die Verfassung thut dies im Art. 44. Auch H. Schulze spricht in seinem
Deutschen und Preußischen Staatsrecht von einem öffentlichen Amt der Volks-
vertreter. Die meisten Staatsrechtslehrer aber vermeiden — vermutlich nicht ohne
Grund — diese Ausdrucksweise. Grotefend sagt: „Wenn die Funktionen der
Bürgerschaftsmitglieder ein „Amt“ derselben genannt werden, so ist damit wohl
dem republikanischen Principe Rechnung getragen (o), eine besondere rechtliche
Bedeutung ist indes damit nicht bezeichnet.“ (Das Deutsche Staatsrecht der Gegen.
wart, S. 776.)
"Verf. Art. 48. Vgl. auch Reichsstrafgesetzbuch § 11. — Gareis sagt in
seinem „Allgem. Staatsrecht“ (a. a. O., S. 59): „Dem Staatshaupte und den unter
ihm stehenden Organen, d. i. der Regierung, obliegt die Aktion, die Leitung, die
Führung, und damit ist die Thätigkeit der Regierung als ununterbrochen, stetig
und als ein- und ergreifender bezeichnet als die der Volksvertretung; dies kommt
nicht bloß im Staatsnotrecht zum Ausdruck, sondern auch darin, daß zwar die
Regierung der Volksvertretung verantwortlich gemacht werden kann, nicht aber
die Volksvertretung der Regierung: die Genehmigungs- und Zustimmungsrechte
entziehen sich einer juristischen Verantwortlichkeit, sind aber eben doch nur Ge-
nehmigungs- und Zustimmungsrechte.“