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Abänderung der Konzessionen für die bereits zugelassenen.
Nach Art. 96, Abs. 2 der Verfassung sollte über die Bedingungen für
die Bildung neuer religiöser Gemeinschaften ein Gesetz erlassen werden;
doch ist dies bisher nicht geschehen. Nach einem Gesetz von 1860 ist
aber „bis auf weiteres“ zur Erteilung einer „Konzession“ zur Bildung
einer neuen „religiösen Kongregation“, wie zur Abänderung der erteilten
Konzessionen, ein Beschluß von Senat und Bürgerschaft erforderlich,
10. Die Gewährung einer Amnestie.
11. „Staatsverträge.“ Im Art. 22, Abs. 2 der Verfassung
heißt es: „Der Senat schließt die Staatsverträge, hat aber vor
Ratifi zierung, d. h. vor dem definitiven Abschluß? derselben, die
Zustimmung der Bürgerschaft einzuholen.“ Hiermit stimmt nicht ganz
überein, daß nach Art. 62 der Verfassung die Ratifikation selbst
Gegenstand der Gesetzgebung sein soll. Thatsächlich kommt freilich
beides auf dasselbe hinaus: die Ratifikation erfolgt nur, wenn Senat
und Bürgerschaft über den Vertrag einverstanden sind. Rechtlich aber
ist es nicht gleichbedeutend, ob die Ratifikation durch den Senat nach
von ihm eingeholter Zustimmung der Bürgerschaft, oder ob sie durch
Senat und Bürgerschaft erfolgt. Daß das letztere mit der staats-
rechtlichen Stellung des Senats, welcher den Staat nach außen hin
1 Gesetz vom 28. Sept. 1860, betreffend Aufhebung der dem Kollegium
der Sechziger hinsichtlich der Bildung neuer religiöser Gemeinschaften erteilten
Vollmacht. — Auch in Bremen und Lübeck ist die Anerkennung neuer Religions-
gemeinschaften resp. die Gestattung eines öffentlichen Gottesdienstes derselben von
einer Mitgenehmigung der Bürgerschaft abhängig (Brem. Verf, § 57, d; Lüb.
Verf. Art 50, V).
* Die Amnestie bezieht sich auf eine ganze Kategorie von strafbaren Hand-
lungen. „Sie ist eine Verbindung von Begnadigung und Abolition (Nieder-
schlagung der Untersuchung) in einer größeren Ausdehnung und ohne weiteres
Eingehen auf einzelne Fälle und begreift im Zweifel nicht nur die Erlassung der
Strafe, sondern auch sämtlicher rechtlicher Folgen der Anschuldigung und Ver-
urteilung in sich; sie bezeichnet ein vollständiges Vergessen des Geschehenen, lex
oblivionis“ (H. Schulze, Deutsches Staatsrecht, Bd. 1, S. 570).
" Ratifikation ist der vollgültige völkerrechtliche Vertragsabschluß. Sie besteht
in der Ausstellung einer den (von den Bevollmächtigten festgestellten) Vertragsentwurf
genehmigenden Urkunde seitens der Regierung. Vgl. H. Schulze, Deutsches
Staatsrecht, Buch 2, S. 329: Bulmerinegq, Völkerrecht, in Marquardsen's Hand.
buch des öffentlichen Rechts, Bd. 1, Halbband 2, S. 303; Heffter-Gefscken
Völkerrecht, 8. Ausgabe, 1888, S. 194.