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was sich aus ihrer gleichartigen Entwickelungsgeschichte zur Genüge
erklärt. In allen dreien steht an der Spitze des Staates ein zum
Teil aus Juristen gebildeter, mit allen wesentlichen Regierungsrechten
ausgerüsteter Senat, dessen Mitglieder unter Mitwirkung der Bürger-
schaft auf Lebenszeit gewählt werden, und der zusammen mit der aus
mehr oder weniger beschränkten Volkswahlen hervorgegangenen Bürger-
schaft die Gesetzgebung ausübt. Auch die Institution eines von der
Bürgerschaft gewählten, jedoch von dieser unabhängigen Bürgeraus-
schusses, sowie eine ausgedehnte Selbstverwaltung durch sogenannte
Deputationen, d. h. aus Senatoren und Bürgern zusammengesetzte
Kollegien, sind allen drei Städten gemeinsam. Der Hauptunterschied
unter diesen, jetzt in das Deutsche Reich fest eingegliederten Städte-
staaten besteht in ihrer Größe und Bedeutung. Die Ostseestadt Lübeck,
das altberühmte Haupt der Hansa, ist immer mehr hinter den anderen
zurückgetreten; von diesen aber hat wieder Hamburg in seiner neueren
und neuesten Entwickelung Bremen fast nach allen Richtungen hin
weit überflügelt. Das Verhältnis der drei Städte zu einander wird
vielleicht am besten verdeutlicht durch einen einfachen Hinweis darauf,
daß zu den Kosten des gemeinsamen Hanseatischen Oberlandesgerichts
— abgesehen von der Beschaffung, Einrichtung und Unterhaltung der
Gerichtslokalitäten, welche Hamburg allein übernommen hat — Lübeck
½/12, Bremen #/12 und Hamburg /12 beizutragen hat.“
des letzteren auch eine gemeinsame Hanseatische Anwaltskammer. Ferner haben
sie, nachdem die übrigen hanseatischen Gesandtschaften infolge der Begründung
des Norddeutschen Bundes eingegangen, noch jetzt eine gemeinsame Gesandtschaft
in Berlin. Bei Gelegenheit des Zollanschlusses von Hamburg und Bremen
tauchte auch der Gedanke auf, für beide Städte eine gemeinsame Oberzolldirektion
mit dem Sitz in Hamburg zu schafien, doch scheiterte dies Projekt an der Oppo-
sition der Bremer Bürgerschaft. Dagegen ist jetzt (1890) die Begründung einer
Hanseatischen. Alters- und Invaliditäts-Versicherungsanstalt mit dem Sitz in
Lübeck beschlossen worden.
1 Die freien Städte traten in der Deutschen Bundesakte in folgender (sich
aus der historischen Rangordnung im alten deutschen Reichstage ergebender)
Reihenfolge auf: Lübeck, Frankfurt, Bremen, Hamburg. Zacharige bezeichnete
diese Reihenfolge als eine „unpräjudizierliche". (Deutsches Staats- und Bundes-
recht, Tl. 1, 3. Aufl., S. 702, Anm. 1). Doch ging dieselbe (natürlich unter
Streichung Frankfurts) in die Verfassung des Norddeutschen Bundes und des
Deutschen Reiches über. Dem Umfang und der Bedeutung der drei Städte-
staaten entspricht sie nicht.