II. Die Entwickelung der hamburgischen Verfafsung.“
§ 2.
Der älteste Teil der Stadt Hamburg (das St. Petri-Kirchspiel)
stand anfänglich unter dem geistlichen Scepter der dort residierenden
Erzbischöfe. Doch beanspruchten die Herzöge von Sachsen und später
die Grafen von Holstein eine gewisse Oberhoheit. Die letzteren
geboten ferner allein über die im 11. Jahrhundert von ihnen begründete
Neustadt (das spätere St. Nikolai-Kirchspiel). Im Jahre 1228 traten die
schon lange vorher nach Bremen übergesiedelten Erzbischöfe ihre Rechte
auf die Altstadt an die Grafen von Holstein ab, und diese waren
somit von nun an die Landesherren in der Alt= wie in der Neustadt.
Zwanzig Jahre später — 1248 — wurden die beiden aneinander
grenzenden Stadtgebiete dann auch zu einer Gemeinde vereinigt, die ihr
neues gemeinsames Rathaus an der sie verbindenden Trostbrücke erhielt.
Ungeachtet der noch fortdauernden holsteinischen Landeshoheit er-
langte Hamburg schon im Laufe des 13. Jahrhunderts die Stellung
einer in fast allen wesentlichen Beziehungen freien Stadt. Nachdem
Kaiser Barbarossa schon 1189 der Stadt wichtige Rechte erteilt?, und
nachdem die richterliche Gewalt des gräflichen Vogtes immer mehr
durch die Macht des Rates eingeschränkt war, erhielt die Stadt 1292
das Recht der Autonomie. Auch übte sie um dieselbe Zeit bereits
die Münzgerechtigkeit aus. Die rechtliche Anerkennung ihrer damals
thatsächlich kaum noch beschränkten Unabhängigkeit erlangte sie jedoch
erst viel später. Erst im Augsburger Reichsabschiede vom 3. Mai
1 Für die ältere Zeit vgl. Westphalen, Hamburgs Verfassung und Ver-
waltung, 2. Aufl., 1846; Bartels, Neuer Abdruck der vier Hauptgrundgesetze
der Hamburgischen Verfassung, 1823, nebst Nachtrag und Supplementband dazu,
1825; Westphalen, Geschichte der Hauptgrundgesetze der Hamburgischen Ver-
fassung, und Kollhoff, Grundriß der Geschichte Hamburgs, 2. Aufl. 1889. Eine
eingehendere Darstellung der hamburgischen Verfassungsgeschichte (von den ältesten
Zeiten bis zur Gegenwart) vom Standpunkte der modernen Staatsrechtswissen-
schaft aus wäre eine dankbare Aufgabe für einen hamburgischen Juristen.
2 Vgl. Dr. O. Rüdiger, Barbarossas Freibrief für Hamburg vom
7. Mai 1189, Hamburg 1889.
* Über den gräflichen Vogt vgl. Koppmann, Kleine Beiträge zur Ge-
schichte der Stadt Hamburg und ihres Gebietes, II. (Zur Geschichte des Rechts
und der Verfassung), 1868.