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4. Abgesehen von dem allgemeinen Oberaufsichtsrecht des Staates
sind über das Verhältnis der einzelnen Religionsgemeinschaften zum
Staate noch die folgenden besonderen Bestimmungen getroffen:
A. Evangelisch-lutherische Kirche. Nach 8 4 ihrer Ver—
fassung soll dem Senat neben seinem auf Grund der Staatsverfassung
auszuübenden Oberaufsichtsrecht noch „das geschichtlich begründete
Schutzrecht des Staates in Bezug auf alle verfassungsmäßigen Rechte
der evangelisch-lutherischen Kirche“ zustehen. Man mag zweifelhaft
sein, ob hier unter den „verfassungsmäßigen Rechten“ staats= oder
kirchen verfassungsmäßige Rechte verstanden sind. Der Schutz der
ersteren liegt dem Staat (d. h. dem Senat) selbstverständlich ob, und
zwar gegenüber der evangelisch-lutherischen Kirche nicht mehr und nicht
minder als gegenüber jeder anderen zugelassenen Religionsgemeinschaft
Eine Verpflichtung aber oder ein Recht zum Schutze des evangelisch-
lutherischen Kirchenverfassungsrechts steht dem Senate nicht zu.1
Dagegen steht, nicht dem Senat als solchem, sondern den evan-
gelisch-lutherischen Mitgliedern desselben das sog. Patronat der
evangelisch-lutherischen Kirche zu, welches folgende Rechte gewährt:
a) die Bestätigung der von der Synode beschlossenen kirchlichen
Verordnungen,
b) die Bestätigung der Pastorenwahlen,
Jc) die Ernennung von je zwei Präsidial-Mitgliedern für den
Kirchenrat, den Stadtkonvent, die Konvente der beiden Landkreise und
die einzelnen Kirchenvorstände,
d) die Wahl des Seniors.
Es ist jedoch daran festzuhalten, daß es sich bei diesem Patronat
nicht um staatliche, sondern um kirchliche Befugnisse der betr. Senats-
mitglieder handelt.
Das sog. Ministerium (d. h. das Predigerkollegiuim der
1 Vgl. Hinschius, a. a. O., S. 269. Derselbe betont „die Notwendigkeit,
das sog. Schutz= und Schirmrecht oder das jus advocatige als ein besonderes, aus
der Kirchenhoheit fließendes Recht oder eine besondere daraus abzuleitende Pflicht
einfach zu den Toten zu legen.“
: Kirchenverfassung von 1883, § 5. Die evangelisch-lutherischen Mitglieder
des Senats haben ferner einen Anteil an den Pastorenwahlen in derjenigen Ge-
meinde, in welcher sie ihren rechtlichen Wohnsitz haben.