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üblichen allgemeinen Zusicherung von Grundrechten ganz abgesehen.
Andererseits aber sind den Reichsangehörigen viele derartige Rechte in
praktisch wertvollerer Form durch besondere Reichsgesetze eingeräumt.
Was Hamburg betrifft, so waren in den Entwurf der Konstituanten-
verfassung die meisten sogenannten Grundrechte der Reichsverfassung
von 1849 wörtlich aufgenommen. In den Verfassungen von 1860
und 1879 findet sich jedoch nur noch eins derselben, die bereits im
Abschnitt über Staat und Kirche (s. oben S. 262) aufgeführte „volle
Glaubens= und Gewissensfreiheit".!
Die übrigen individuellen Freiheitsrechte ergeben sich teils aus
den Reichs-, teils aus den hamburgischen Specialgesetzen.
I. Unverletzlichkeit der person, der Wohnung und der Papiere.
8 67.
Der Einzelne soll gegen unberechtigte Verhaftungen, Eindringen
in die Wohnung, Haussuchungen und Beschlagnahmen geschützt werden.
1. Die Verhaftung kann entweder ein strafprozessualischer Akt
sein, der sich gegen eine eines Verbrechens verdächtige Person richtet,
oder eine nur polizeiliche Maßregel, welche aus Rücksicht auf die
öffentliche Sicherheit und Ruhe oder im eigenen Interesse der ver-
hafteten Person vorgenommen wird. Die strafprozessualische Verhaf-
tung ist jetzt durch die Reichsstrafprozeßordnung für ganz Deutschland
1 Die Bremer Verfassung von 1875 dagegen enthält noch einen beson-
deren Abschnitt über die „Rechte der bremischen Staatsgenossen", welcher fol-
gendermaßen beginnt: „Die Freiheit der Person ist jedem im bremischen Staate
gewährleistet — Sklaverei und Leibeigenschaft finden in demselben keine Aner-
kennung.“ — Hervorzuheben sind die folgenden Bestimmungen (§ 17): „Der Staat
erkennt bei seinen Angehörigen keinen Adel an. Titel, Amter, Würden und Aus-
zeichnungen, die einem Bremer von seiten eines anderen Staates oder einer Be-
hörde desselben erteilt sind, werden nicht anerkannt, es sei denn, daß die An-
nahme derselben ausdrücklich vom Senate genehmigt wäre. Auch in diesem Falle
werden daburch keinerlei Befreiungen, Vorzüge oder Ansprüche vor anderen
Staatsangehörigen begründet.“ (In Hamburg ist den Richtern die Annahme
von Orden untersagt. Außerdem nehmen die Mitglieder des Senats herkömmlich
keine Orden an.)