Full text: Das Hamburgische Staatsrecht.

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Das später zu einer Art von terminus technicus gewordene 
Wort „Kyrion“ wird dem Vorstehenden nach im Hauptrezeß, wo es 
zuerst gebraucht worden, einmal mit „die höchste Herrschaft“ und 
einmal mit „das höchste Recht und Gewalt“ übersetzt. Es entspricht 
also dem Begriffe der Souveränetät. 
Dem rein demokratischen Principe nach hätte allein einer Volks- 
versammlung, dem rein aristokratischen nach allein dem Rate die 
Souveränetät gebührt. In Hamburg aber wählte man eine Art von 
Mittelweg. Eine Volksversammlung, an der alle Bürger oder gar 
alle Einwohner teilzunehmen berechtigt waren, gab es nicht; an ihre 
Stelle trat, sie wenigstens teilweise ersetzend, die aus den Grund- 
eigentümern, den Mitgliedern der bürgerlichen. Kirchenkollegien und 
den Inhabern einzelner Amter bestehende Erbgesessene Bürgerschaft. 
Diese Bürgerschaft war gewissermaßen das demokratische, 1 der sich 
selbst ergänzende Rat aber, dessen Mitglieder auf Lebenszeit gewählt 
wurden, das aristokratische Element der Verfassung. Beide hatten 
vielfach miteinander um die ursprünglich dem Rate allein zustehende 
Herrschaft gerungen. Im Laufe der Zeit aber war immer mehr eine 
beiden nebeneinander zukommende Berechtigung und damit eine 
Mischung von Aristokratie und Demokratie in den Grundzügen der 
Verfassung anerkannt. Um nun für die Zukunft alle Zweifel an dem 
Resultat dieser historischen Entwickelung und an der theoretischen Be- 
rechtigung desselben zu beseitigen, ward in dem citierten Artikel 1 
des Hauptrezesses mit feierlicher Umständlichkeit der principielle Satz 
festgestellt, daß die Souveränetät Senat und Bürgerschaft gemeinsam 
zustehe. 
. Trotz des Kyrions aber war der Bürgerschaft thatsächlich nur 
eine — überdies durch die fast ausschließliche Initiative des Rats 
h n m Glechtertearng uh den Geie- 
tionen *⅞v deu eingeräumt. Im übrigen nämlich waren alle Funk- 
beiden n chaft, unter rein theoretischer Festhaltung der den 
—- gesesgebenden Körpern zustehenden höchsten Gewalt, ausdrück- 
lich dem Rate übertragen. Der Rat sollte bei Ausübung dieser 
  
  
1 Uber ihren dessenungeachtet in mancher Beziehung aristokratischen Charakter 
s. unten § 32. ·
	        
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