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ist als Absatz 2 hinzugefügt: „Die gesetzgebende Gewalt wird von
Senat und Bürgerschaft, die vollziehende vom Senat, die richterliche
von den Gerichten ausgeübt.“*
4 Auf Grund solcher Kompetenzverteilung und einzelner dieselbe noch
eiter ausführender Bestimmungen der Verfassung gebühren dem Senat,
wie Wolffson sehr richtig bemerkt, „alle Attribute, welche üblicher
Weise mit dem Begriff der Regierung verbunden zu sein pflegen.“
Er ist, abgesehen von seiner Teilnahme au der Gesetzgebung, alleiniger
Inhaber der sogenannten vollziehenden Gewalts und alleiniger Leiter
der Reichs= und auswärtigen Angelegenheiten. Ihm stehen ferner
noch insbesondere zu: die Anordnung der Wahlen zur Bäürgerschaft
und die Einberufung der letzteren, die Verkündung der Gesetze und
der Erlaß von Vollzugsverordnungen zu denselben, die oberste Leitung
der Verwaltung und die Aufsicht über alle Zweige derselben, ein-
schließlich der Justizbehörden, das Begnadigungsrecht in Kriminal-
sachen, die Ernennung der höheren Beamten (soweit nicht dieselbe aus-
drücklich anderen Behörden übertragen), die Aufrechterhaltung der
gesetzlichen Ordnung und die Wahrung der Sicherheit des Staates,
1 Die Lübecker Verfassung bestimmt Art. 4, Abs. 1: „Die Staats-
gewalt steht dem Senate und der Bürgerschaft gemeinschaftlich zu.“ (Dieser Satz
ist erst bei der Verfassungsrevision von 1875 hinzugefügt) und Art. 18: „Dem
Senate allein ist die Leitung sämtlicher Staatsangelegenheiten anvertraut, insoweit
nicht die nachfolgenden Bestimmungen eine Mitwirkung oder Zustimmung der
Bürgerschaft in ihrer Gesamtheit oder des Bürgerausschusses ausdrücklich vor-
schreiben.“ — Die Bremer Verfassung macht, im Gegensatz zu der Hamburger
und Lübecker, garnicht einen Unterschied zwischen Inhaberschaft resp. Zu-
stehen der höchsten Staatsgewalt einerseits und Ausübung derselben anderseits.
Sie sagt § 3: „Die Verfassung des Bremischen Staates ist republikanisch. Zur
Ausübung der Staatsgewalt nach Maßgabe ihrer durch die Verfassung bestimmten
Organisation und Wirksamkeit bestehen A der Senat, B die Bürgerschaft“. 8 56:
„Der Senat und die Bürgerschaft wirken in Ausübung der Staatsgewalt gemein-
schaftlich, soweit nicht verfassungsmäßig ein anderes festgesetzt ist. Jedoch hat
der Senat die Leitung und Oberaufsicht in allen Staatsangelegenheiten, sowie die
vollziehende Gewalt überhaupt nach Maßgabe der Verfassung.“"
2 a. H O., S. 11.
3 Vun der sogenannten vollziehenden oder-Regierungsgewalt sagt
Bluntschli: sie sei nicht Vollziehung, sondern Macht, im einzelnen zu befehlen,
anzuordnen u. s. w. (Toxy, imperium). Von allen staatlichen Gewalten sei sie
die am meisten obrigkeitliche, die vorzugsweise herrschende, demnach ohne Zweifel
die oberste (Allgem. Staatslehre, 5. Aufl., S. 5972.)