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es nicht in Betracht kommt, ob Mitglieder keinen oder einen unbe—
schriebenen oder sonst nicht gültigen Wahlzettel abgegeben haben. Bei
Stimmengleichheit erfolgt eine abermalige Abstimmung, und wenn
auch diese Stimmengleichheit ergiebt, so entscheidet das Los.“
8 20.
Das vorstehend im einzelnen genau geschilderte Wahlverfahren
ist ein recht kompliziertes und schwerfälliges, und es setzt, wie schon
oben angedeutet, unter Umständen ein gewisses billiges Entgegen—
kommen von beiden Seiten voraus. Doch hat es sich nunmehr
während eines Menschenalters bewährt. Auch dürfte es schwer sein,
etwas wesentlich besseres an seine Stelle zu setzen. Das zeigt auch
ein Vergleich mit den in der Hauptsache ziemlich analogen Bestim-
mungen in Lübeck und Bremen, auf die hier noch kurz hingewiesen
werden mag.
In Lübeckt beginnt das Wahlverfahren damit, daß der Senat
der Bürgerschaft (durch Kommissare) anzeigt, wie viele seiner Mit-
glieder sich zur Vornahme der Wahl eingefunden haben, und daß er
gleichzeitig die Bürgerschaft auffordert, eine gleich große Anzahl aus
den in ihrer Versammlung Erschienenen zu Wahlbürgern zu erwählen.
Die Wahlbürger und die Mitglieder des Senats treten dann zu einer
Wahlversammlung zusammen, teilen sich aber, nachdem sie vereidigt
worden, durch das Los in drei „Wahlkammern“, deren jede aus
drei Mitgliedern des Senats und drei Wahlbürgern besteht. Diese Wahl-
kammern beraten von einander getrennt, und ihre Aufgabe ist, je eine
Person für die Wahl in den Senat in Vorschlag zu bringen, wobei
nötigenfalls ein aus den Mitgliedern der Kammer ausgeloster Obmanns
1 Lüb. Verfassung, Art. 8. "
2 Im Wahleide verspricht auch jeder für den seiner Uberzeugung nach
Würdigsten zu stimmen.
s Im Art. 7 8 8 der Lübecker Verfassung heißt es: „Sind wenigstens
drei Stimmen für eine und dieselbe Person abgegeben, so ist diese von der
Wahlkammer vorzuschlagen. Verteilen sich dagegen die abgegebenen Stimmen
über 3 oder 4 Personen, und wird auch bei wiederholter Umstimmung die zum
Vorschlag erforderliche Stimmenzahl nicht erreicht, so wird ein Obmann durch
das Los aus der Mitte der Wahlkammer bestimmt, zum Zweck der Entscheidung