Full text: Das Hamburgische Staatsrecht.

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der unvollständig gebliebenen (nur ein oder zwei Namen umfassenden) 
Wahlliste, resp. (wenn noch gar kein Name auf die Liste gebracht) be— 
hufs Herstellung der gesamten Wahlliste — das ganze Wahlverfahren 
von vorne, mit einer neuen (durch das Los zu bewirkenden) Teilung 
der Bürgerschaft in fünf Abteilungen. Ist aber eine definitive 
Wahlliste von drei Personen festgestellt, so hat die Bürgerschaft die 
letzte, entscheidende Wahl aus dieser Liste vorzunehmen. Die Wahl 
muß mit absoluter Stimmenmehrheit erfolgen. Bei Stimmengleichheit 
entscheidet eventuell das Los. 
In allen diesen Wahlbestimmungen der drei Städte ist, unge— 
achtet der in mancher Beziehung von einander abweichenden Details, 
der Grundgedanke derselbe: eine ziemlich gleichmäßige Mitwirkung von 
Senat und Bürgerschaft bei der Wahl. Daraus ergiebt sich dann 
natürlich die Frage, was zu geschehen habe, wenn sich diese beiden 
Faktoren nicht einigen können. Lübeck hat hier schlankweg zu dem 
demokratischen Mittel des Loses gegriffen. Es erreicht dadurch, daß 
das Wahlverfahren unter allen Umständen verhältnismäßig schnell 
und glatt zu Ende gelangt; andererseits aber muß solche Durchschnei- 
dung des Knotens doch recht bedenklich erscheinen. Bei einer Meinungs- 
verschiedenheit zwischen Senat und Bürgerschaft über einen so folgen- 
schweren Schritt, wie die Wahl eines Mitgliedes der höchsten Re- 
gierungsbehörde, kann es sich unter keinen Umständen empfehlen, den 
Zufall entscheiden zu lassen. 
Weit weniger bedenklich erscheint die Anwendung des Loses in 
Bremen, wo durch dieselbe nur die Wahl der bürgerschaftlichen Wahl- 
männer und der auf den ersten großen Aufsatz zu bringenden Kandi- 
daten mitbestimmt wird. Doch verleiht sie hier ohne genügenden 
Grund den Vorbereitungen der Wahl einen Charakter des Zufälligen, 
der wohl kaum durch den Vorteil aufgewogen werden kann, daß 
dadurch unter Umständen ein notwendiger Neubeginn des Wahl- 
verfahrens mehr Aussicht auf Erfolg haben mag. Eine dauernde 
Meinungsverschiedenheit zwischen Senat und Bürgerschaft über die 
Wahl ist jedenfalls auch in Bremen möglich, und auch hier wird zur 
Ausgleichung derselben eventuell ein billiges Entgegenkommen von 
beiden Seiten erforderlich sein.
	        
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