nur schwer und unvollkommen sich fügt, vielmehr individuelle Freiheit
als normale Quelle tüchtiger Wirksamkeit fordert.“ Eine Ausnahme
hält Bluntschli nur da für möglich, wo das Staatsamt sich dem
Gemeindeamt annähert. „Die geringeren Ansprüche“, sagt er, „welche
hier an das Individuum gestellt werden, und das verbreitete Bedürfnis
solcher Stellen haben den Gedanken an eine allgemeine Bürgerpflicht
in solchen Fällen annehmbar erscheinen lassen.“1 Ahnlich erklärt auch
der Schweizer A. von Orelli den Amtszwang nur „in mäßigen
Grenzen“ für gerechtfertigt.
Vergegenwärtigt man sich nun, daß das Amt eines hamburgischen
Senators den ganzen Lebensberuf des Betreffenden, resp. — bei einem
nicht juristischen Senatsmitgliede — einen wesentlichen Teil des Lebens-
berufes desselben ausmacht, so wird man nicht verkennen können, daß
ein Amtszwang hier schwer zu rechtfertigen ist. Derselbe ist dem
Einzelnen gegenüber, welcher aus dem einen oder anderen Grunde nicht
zur Übernahme des Amtes geneigt ist, eine Härte, für die auch die Ehre
der Wahl und das 1885 beträchtlich erhöhte Senatorenhonorar? nicht
immer ein genügendes Aquivalent bilden. Andererseits aber kann auch
dem Senat mit Mitgliedern, die ihm nur ganz widerwillig angehören,
wenig gedient sein. Zuzugeben ist indes, daß diese Bedenken, wie die
Erfahrung gezeigt hat, praktisch nicht allzuschwer ins Gewicht fallen,
sofern man nur bei der Wahl einigermaßen vorsichtig und mit der
gerade hier besonders wichtigen Personal= und Menschenkenntnis vor-
geht. Geschieht letzteres, so mag der Schein des Zwanges — wenn
man sich so ausdrücken darf — zuweilen zur Erlangung erwünschter
und wünschenswerter Kräfte von Nutzen sein.“
1 „So in Appenzell, wo das Staatswesen so einfach wie eine Gemeinde.“
: A. v. Orelli, Das Staatsrecht der schweizerischen Eidgenossenschaft, 1885,
S. 116.
s Das Honorar der juristischen Senatsmitglieder beträgt M. 25 000, das
der nichtjuristischen M. 12 000. — In Lübeck und Bremen ist das Honorar
bedeutend geringer. (In Lübeck M. 9000 resp. M. 3600, in Bremen M. 8640.)
In Bremen haben die Senatoren eigentümlicher Weise noch eine Nebeneinnahme
durch die „etwa bei Versiegelung oder Eröffnung von Testamenten oder Ehe-
pakten vorkommenden Honorare“. (Senatsgesetz 8 26.)
4 Über das den Senatsmitgliedern zustehende Recht eines Austritts aus
dem Senat nach sechsjähriger Amtsdauer und nach vollendetem 70. Lebensjahre
s. unten 8 23.