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Rechte des Rats bunt durcheinandergewürfelt. An noch in neuerer
Zeit praktisch gebliebenen Ehrenrechten aber finden sich darin die
folgenden:
1. Der Vorrang Deputatorum Senatus bei Actibus publicis
vor allen Bürgern und Einwohnern der Stadt.
2. Die Repräsentation des Staates (comparitio nomine Ci-
Vitatis) bei Solemnitäten.
3. Die Reception und Regalierung der ankommenden fremden
Herrschaften und Deren hohen Herren Ministrorum.
4 Eigenes Rats-Gestühlte in allen Kirchen in der Stadt und
deren Gebiet. ·
5. Fürbitte für den Senat im Kirchengebet (Preces publicae
et cantus publicus pro salute Senatus).1
Dazu kommen noch: das dem Senat in der Anrede und in der
Bezeichnung gebührende Prädikat „Hoher“ und die bei festlichen Ange-
legenheiten anzulegende Amtstracht?, die dem Senat als Kontingents-
1 In der evangelisch-lutherischen Kirchenverfassung von 1883 (8 4, Abs. 2)
heißt es: „Dem Senate gebührt die kirchliche Fürbitte und der Ehrenplatz in den
Kirchen.“ Die Fürbitte für den Senat im Kirchengebet ist ferner auch in den
Reglements resp. Konzessionen für die nichtlutherischen christlichen Religions=
gemeinschaften ausdrücklich verlangt. So heißt es im Reglement für die fremden
Religionsverwandten vom 19. September 1785 (8 9): „Die bei gottesdienstlichen
Versammlungen gewöhnlichen Fürbitten für Senatum und gesammte Stadt sind
nach Maßgabe des hiesigen Kirchengebets einzurichten.“ (Vgl. ferner Reglement
von 1814, § 1, Konzession für die Deutsch-Evangelisch-Reformierten 8 8, für die
Französisch-Reformierten 8 8, der englisch-reformierten Gemeinde 8 8, der englisch-
bischöfl. Gemeinde 8 7, der Baptistengemeinde 8 9.) Auch die israelitischen Ge-
meinden, denen gegenüber ähnliche ausdrückliche Bestimmungen fehlen, dürften bei
der jetzigen Gleichstellung der Religionsgemeinschaften zu der Fürbitte für den Senat
verpflichtet sein. — Im evangelisch-lutherischen Kirchengebet heißt es: „Deiner
väterlichen Fürsorge empfehlen wir auch alle christlichen Kaiser, Könige und
Obrigkeiten, vor allem den Deutschen Kaiser, sowie die Fürsten und Regierungen
unseres deutschen Vaterlandes, insbesondere den Senat dieser Stadt, unsere
ordentliche Obrigkeit, unter deren Schutz du uns gesetzet hast."
2 Beides ist im § 16 des Gesetzes betreffend die Wahl und Organisation
des Senates ausdrücklich hervorgehoben (unter Abänderung des bis dahin üb-
lichen Prädikates). In den Verhandlungen mit der Bürgerschaft fällt das Prä-
dikat „Hoher“ weg (8 16, Abs. 3). Über die Amtstracht vgl. den Artikel: Die
Amtstracht des Senats, in den „Hamb. Nachr.“ vom 4. März 1888. — Das Prädikat
„Hoher“ gebührt dem Senat auch in Lübeck und Bremen. (Vgl. Klügmann,
Lüb. Staatsrecht, a. a. O. S. 44.)