Full text: Die Militär-Vorlage im Deutschen Reichstage.

nur das, was an maßgebender Stelle in den leitenden Krei- 
sen als unbedingt nöthig erachtet wird! Auf dem Gebiete der 
Landesvertheidigung kann nicht das Urtheil oder die Ansicht des Laien 
maßgebend sein und mehr als anderswo müssen hier die Stimmen 
gewogen und nicht gezählt werden! Wenn schon Jedermann aus 
dem deutschen Volke mit uns erkennen wird, daß die eine Schale der 
Waage, auf welcher sich ein Windthorst, Richter, Schenk von 
Stauffenberg, Grillenberger, Langwerth von Simmern und 
von Jazdzewski befinden, pfeilartig emporschnellen muß, wenn die 
andere Schale von einem Fürst von Bismarck, Graf von Moltke 
oder Bronsart von Schellendorf besetzt ist, so bleibt es nur in der 
That zu verwundern, daß die Selbstüberschätzung Jener überhaupt noch 
immer sich zu zeigen vermag und nicht schon längst einer den deutschen 
Mann nur ehrenden und zierenden richtigen Selbsterkenntniß den Platz 
geräumt hat. 
Nachdem der Abgeordnete Frhr. Schenk von Stauffenberg noch die 
Versicherung ausgesprochen hatte, daß sein ernstes Streben dahin gehe, 
die vorliegende Frage aus dem Parteikampfe herauszuheben, und sie 
nur nach den Rücksichten auf das allgemeine Wohl zu beßandenn. nahm, 
nach einer kurzen Geschäftsordnungsdebatte, der inzwischen im Hause 
erschienene Reichskanzler Fürst von Bismarck zu folgender Rede das 
Wort, die bekanntlich nicht allein in Deutschland, sondern weit über 
unsere Grenzen hinaus einen unbeschreiblichen Eindruck hinterlassen hat. 
Diese Rede lautete: 
Die verbündeten Regierungen haben durch ihre Vorlage der Ueberzeugung 
Ausdruck gegeben, daß die Wehrkraft des Deutschen Reiches so, wie sie 
augenblicklich beschaffen ist, dem deutschen Volke nicht diejenige Bürgschaft 
für die Vertheidigung des Reichsgebietes gewährt, auf welche die Nation 
ein unverjährbares Recht hat. Diese Ueberzeugung der verbündeten Regierungen 
ist begründet durch das Urtheil, durch das einstimmige Urtheil aller mili- 
tärischen Autoritäten in Deutschland, Autoritäten, deren Kompetenz in ganz 
Europa sonst anerkannt wird mit der alleinigen Ausnahme des Deutschen 
Reichstags (Bewegung. Oho! links), wo dem militärischen Urtheile dieser 
Autoritäten, die, ich wiederhole es, sich der Anerkennung Europas erfrenen, 
dasjenige der Herren Richter, Windthorst, Grillenberger entgegengetreten ist. 
(Zuruf: Ahl) — Meine Herren, ist das ein Irrthum, so müßten die Druck- 
berichte, die ich zu Hause gelesen habe über Ihre Verhandlungen, doch 
unrichtig sein. Ich habe sie hier; aber ich will Ihre Zeit nicht weiter auf- 
halten durch Bezugnahme darauf. 
Es handelt sich hier vorwiegend um die militärische Vorlage. Ich kann 
nun in der That nicht glauben, daß die Herren, die ich eben nannte, so weit 
gehen sollten, ihr eigenes Urtheil in militärischen Fragen über das des 
Feldmarschalls Grafen von Moltke, den wir hier sehen, über das eines kriegs- 
erfahrenen Kaisers, über das sämmtlicher deutscher Generalstäbe und Kriegs- 
ministerien zu stellen. Es ist doch kaum möglich, daß ein noch so einsichtiger
	        
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