Full text: Die Militär-Vorlage im Deutschen Reichstage.

— trotz des gehobenen Tones blieb sie erkennbar — zu verdecken, plötzlich 
die preußische Verfassung herangezogen, und die Thatsache, daß die be— 
schworen wäre. Ja, die wird bestehen bleiben; auch die deutsche Verfassung 
wird bestehen bleiben. (Bravo! rechts.) Das sind ja eben Sie, die dagegen 
ankämpfen, gegen die verfassungsmäßige Institution einer kaiserlichen und 
dauernden Armee; Sie wollen sie zu einer Parlamentsarmee machen. Ich 
nenne eine Parlamentsarmee eine solche, deren Bestand von der wechselnden 
Majorität des Parlaments abhängig ist. Das hat die Verfassung nicht ge- 
wollt. Hätten wir das, als die Verfassung gemacht wurde, gewußt, daß wir 
je einem Reichstag mit einer solchen Majorität uns gegenüber befinden 
würden, oder daß diese Forderung jemals aufgestellt werden würde von 
einem Reichstag, dessen Majorität für die polnischen Interessen gegen die 
deutschen gestimmt hat, — hätten wir das voraussehen können, dann hätten 
wir dem Reichstag nicht, als wir die Verfassung machten, — ich habe den 
ersten Entwurf gemacht — solche Rechte, wie wir ihm gegeben haben, be- 
willigt, weil wir gefürchtet hätten, das Vaterland in Gefahr zu bringen. 
Wir haben auf eine ganz andere Haltung des Reichstages gerechnet, auf 
eine ganz andere Wirkung der Institution und der erhebenden, begeisternden 
Thatsache, daß die deutsche Nation nach Jahrhunderten des Leidens endlich 
einmal einig ist, sicher in ihrer politischen Existenz, sicher in ihrer Unab- 
hängigkeit gegen das Ausland, sicher, in Gemeinschaft mit den Vertretern. 
des ganzen deutschen Volkes, ihre eigenen Angelegenheiten berathen zu 
können; wir haben geglaubt, daß das so erhebend wirken werde auf Leute, die 
die Entbehrung von allen diesen Dingen auf sich haben lasten gefühlt, daß 
wir zu solchen elenden Streitigkeiten, wie sie hier vorliegen, nie gelangen 
würden. (Lebhaftes Bravo rechts.) Darin haben wir uns geirrt! Auch 
das Volk hat sich geirrt, wenn es Sie hierher geschickt hat, um die Rolle 
zu spielen, die Sie jetzt spielen. (Bravo! rechts; Zischen im Centrum 
und links.) 
Also die Verfassung, ich wiederhole es, ist auf unserer Seite; das Volks- 
recht, der Volksschutz ist auf unserer Seite. Wir wollen das Volk schützen, 
wir wollen den Frieden schützen; Sie wollen es darauf ankommen lassen. 
Sie sagen: J wo, vielleicht wird es doch nicht Krieg, und wenn es Krieg 
giebt, so werden wir siegen, ganz gewiß siegen; — das hat der Herr Vor- 
redner gesagt; dabei spielt er doch immer wieder den Civil-Moltke, das ist 
doch nicht zu leugnen. (Große Heiterkeit.) 
Der Herr Vorredner hat mich kritifirt, weil ich die Armee eine kaiserliche 
nannte, und gesagt, eine kaiserliche hätten wir gar nicht. Nun, die Anfecht- 
barkeit dieses Ausdrucks von Jemand, der eine kritische Spitze probiren 
will, ist mir ja von Hause aus ganz klar gewesen, und ich gebe ihm 
gern zu, daß, wenn ich kaiserliche Armee sage — ich habe schon gestern 
mit Jemand darüber gesprochen — ich mir sehr wohl bewußt bin, 
daß der Ausdruck nicht genau der Verfassung entspricht; ich habe ihn nur der 
sprachlichen Kürze wegen gebraucht. Soll ich jedesmal sagen: die königlich
	        
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