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gestützt auf die „Germania“, die doch nicht ganz ohne Fühlung mit dem
Centrum sein kann, sonst wäre die Reputation, deren sich dies Blatt erfreut,
eine sehr ungerechte. Aber in allen auswärtigen Fragen, wo die Sicherheit
und das Ansehen des Reichs am meisten interessirt ist, da haben die Sozial-
demokraten nie einen Anlaß gehabt, einen anderen Weg zu gehen, als ihnen
vom Centrum vorgezeichnet war. Ist das nicht richtig? Ist das nicht jetzt
wieder der Fall! Es mag in einzelnen Fällen vorgekommen sein, daß sie
dissentirt haben; aber ich kann mich im Augenblicke keines Falles erinnern,
wo die Opposition des Centrums gegen die Regierung von der Art gewesen
wäre, daß die Sozialdemokraten sie nicht hätten mitmachen können, oder wo
das Centrum der Regierung so nahe getreten wäre, sie zu unterstützen, daß
die Sozialdemokraten einen anderen Weg gegangen wären. Klären wir uns
einmal darüber auf; ich lasse mich ja gern belehren. (Zuruf: Zöllel) —
Die Zölle haben die Sozialdemokraten zum Theil mit bewilligt. (Widerspruch.)
— Das thut mir leid; das ist aber doch schon recht lange her. Das war
1878 (Zuruf: 18841) — Ich glaube, es war 1878 oder 1879, und wir schreiben
jetzt 1887. Also wenn Sie kein neueres Datum mir anzuführen wüßten, —
— (Zuruf: 18841) Wir wollen das Zwiegespräch nicht fortsetzen, das möchte
den Herrn Präsidenten beunruhigen. Ich behaupte nur, daß ich persönliche
Anfechtungen gegen den Herrn Abgeordneten Windthorst gestern nicht gemacht
habe; ich habe ihn nur als Centrumspartei, als Opposition im Allgemeinen
genannt; ich sehe in ihm die Negation verkörpert, und das habe ich nur be-
zeichnen wollen.
Dann hat er mir gesagt, er habe keine Ambition, Minister zu sein.
Ja, ich klebe immer noch etwas an den ersten Traditionen, die ich auf der
Univerfität eingesogen habe über die Kriterien eines konstitutionellen Regi-
ments, das ja hauptsächlich nach englischem Muster sich richtete — es ist
schon lange her; da wurde im Allgemeinen der Grundsatz aufgestellt: man
hat nur insoweit das Recht, Opposition zu machen, als man bereit ist, wenn
die Regierung sich nicht darauf einläßt oder deshalb zurücktritt, die Regierung
selbst zu übernehmen. Das mag ja heute nicht mehr gelten. Der Herr Abgeordnete
sagt, er hat nicht den Ehrgeiz, Minister zu werden; aber er hat vielleicht doch
den Ehrgeiz oder die Absicht, denen, die es sind, das Gewerbe möglichst zu er-
schweren; wenn er dabei sich ganz außer Stande fühlt, es seinerseits besser zu
machen und absolut darauf verzichtet, so ist es eigentlich kein gemeinnütziges Ge-
werbe, nur den öffentlichen Dienst zu erschweren, ohne in sich die Fähigkeit und die
Absicht zu verspüren, es jemals besser zu machen. Wenn ich mich darauf
berufe: werden Sie doch Minister an meiner Stelle, — so habe ich nur
sagen wollen: Ich werfe ihnen die unkonstitutionelle Auffassung vor, daß Sie
es für erlaubt halten, einem Minister in Lebensfragen, wie diese ist, so das
Leben schwer zu machen, ihn vielleicht in die Unmöglichkeit einer Weiter-
führung der Geschäfte zu versetzen, ohne daß Sie — die Fähigkeit ist ja bei
dem Herrn Vorredner vorhanden — die mindeste Lust verspüren, die Bürde,