Full text: Staatsrecht, Völkerrecht und Politik. Dritter Band. (3)

in seinem Verhältnisse zur Bildung. 967 
steigenden Reichthums von Begabung und von Wissen, so bleibt ja immer 
noch die Möglichkeit eines ausserordentlichen Beisatzes. Dagegen sei man 
strenger als gewöhnlich in der Ertheilung des letzten Grades. Von wem 
es zweifelhaft ist, ob er überall dem Öffentlichen Wesen noch mit Nutzen 
dienen kann, der werde ohne Bedenken zurückgewiesen, bis er den Beweis 
einer unzweideutigen Befähigung geben kann. Gerecht und aufmunterud 
gegen die Ausgezeichneten, billig und nachsichtig gegen die Mittelgaitaung, 
sei man, zum allgemeinen Wohle, strenge gegen Müssiggänger und Unfähige. 
Täuschen wir uns nicht vollkommen, so kann durch die Beachtung der 
vorstehenden Rathschläge die so weit verbreitete und sich wohl immer noch 
weiter verbreitete Anstalt der Staatsprüfungen von manchen Fehlern be- 
freit werden, welche denselben itzt nicht selten ankleben; und wenn 
nicht die ganze Auffassung von dem vielfachen Einflusse der Maassregel 
eine unbegründete war, so ergiebt sich auch daraus, dass solche YVer- 
besserungen immerhin von Bedeutung sind, auch über den unmittelbaren 
Zweck dieser Nachforschungen nach den Kenntnissen von Kandidaten des 
öffentlichen Dienstes hinaus. Damit soll denn aber freilich nicht gesagt 
sein, dass man es hier überhaupt mit einer Einrichtung zu tlıun habe, 
welche als eine bleibende Erwerbung für die Gesittigung der Völker zu 
betrachten ist. Nichts ist möglicher, als dass das ganze Prüfungswesen 
wieder vollkommen aus der Welt verschwindet, welche auch in der That 
ohne dasselbe lange genug bestanden hat und zum Theile noch besteht. 
Hellas und Rom haben keine Idee davon gehabt, der Orient besetzt noch 
heute seine Aemter nicht nach diesem Systeme; in den Vereinigten Staaten 
giebt das allgemeine Wahlrecht die Berechtigung zum Befehlen und zum 
Predigen. Wer will dafür einstehen, dass nicht dieses letztere System auch 
über uns mehr und mehr kommt, mögen die in unserer itzigen Staats- 
weisbeit Geschulten dagegen noch so viel einzuwenden haben? Nun, dann 
wird das verzweigte und fein ausgebildete Prüfungswesen einen ınerk- 
würdigen Abschnitt in den künftigen Staats- und Rechtsgeschichten bilden, 
zar Verwunderung der dann Lebenden und als schwierige Begriffsaufgabe 
der jungen Staatsgelehrten, wenn es deren noch giebt. Indessen müssen 
aber wir es so gut einzurichten und zu handhaben suchen, als wir können.
	        
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