Volksfeste. 491
friedigung nach Hause, dass Alles gesagt worden sei, und fällt wieder in
Gleichgültigkeit und Trägheit zurück. Er hat das Seinige durch Reden
oder durch Hören und Zurufen geleistet, weiter braucht es zur Rettung
des Vaterlandes nicht; am wenigsten materieller Beiträge zu einem nütz-
lichen Zwecke. Ueberdioss sind die Mittel durch die Festfreuden verschlungen.
Es ist nicht ungerecht, dieses ganze Treiben als eine Anstalt zur politischen
Demoralisation und Entmannung zu bezeichnen. Doch möchte selbst dieses
Alles noch hingehen im Vergleiche mit einer dritten üblen Seite wenigstens
einer gewissen Art von Volksfesten, nämlich mit dem in der Form von
Wetten allgemein und bis zum Wahnsinn gesteigerten Spiele. In dieser
Beziehung sind die Wettrennen ein wahres Unglück, und es ist die Nach-
äfferei des üblen englischen Vorganges auf dem Festlande tief zu beklagen.
Man wende nicht vor, dass sich ein solches Spiel doch nur auf verhältniss-
mässig Wenige beschränke, und zwar auf Solche, welche das Vermögen
dazu besitzen, voraussichtlich auch in andere Thorheiten verfallen würden,
wenn sie dieser nicht fröbnen könnten. Einmal ist es nicht richtig, dass
sich das Wetten und seine Folgen nur auf einen engen, reichen und vor-
nehmen Kreis beschränkt. Mit der Zeit greift es weit genug um sich.
Sodann ist es zwar richtig, dass Thoren nicht verhindert werden können
an Verschleuderung ihres Vermögens und an sinnlosen Leidenschaften ;
allein damit ist nicht gesagt, dass grosse Öffentliche Zusammenkünfte zu
einem solchen Zwecke sollen gehalten werden, und dass man sie als etwas
Gleichgültiges, gleichsam Naturwüchsiges betrachten muss. Endlich hat
der Unfug noch eine weitgreifende politische und gesellschaftliche Be-
deutung. Nicht bloss der Ruin Einzelner und ihrer Familien ist zu be-
klagen, sondern noch weit mehr die Demoralisation, welche durch cine
solcbe Gewohnheit gerade unter den Ersten des Landes entsteht. Wenn
irgend etwas handgreiflich richtig ist in unserer Zeit, so ist es die Be-
bauptung, dass die Aristokratie in allen Ländern vollständig zu Grunde
geben muss, wenn sie sich nicht bemüht, durch ernste Studien und einen
gemeinnützigen Sinn, sowie durch unanstössigen Lebenswandel und geord-
nete Vermögensverhältnisse Ansehen und Wirksamkeit zu erwerben. An
dieser Erhaltung mag demokratisch Gesinnten wenig gelegen sein; im
Gegentheil, sie werden sich selbst darüber freuen. Es wird aber immerhin
erlaubt sein geltend zu machen, dass eine Beimischung von aristokratischem
Sinne einer Gesittigang sehr wohl bekömmt, und dass sehr wünschenswerthe
Staatseinrichtungen, namentlich das Selfgovernment höherer Art, lediglich
bedingt sind durch das Vorbandensein einer genügenden Anzahl von
Familien, welche Gemeinsinn und sittliche so wie intellectuelle Bildung in
hinreichendem Maasse besitzen, um sich freiwillig und unentgeltlich Öffent-
lichen Angelegenheiten zu widmen, welchen das Vermögen zur Uebernahme