Die Arbeiterfrage. 523
wird und aufgeworfen werden muss, 80 ist eine Verbesserung der Zustände
der ländlichen Taglöhner in den betreffenden Ländern eine ebenso wichtige
Aufgabe, als die der Sorge für die Fabrikarbeiter; ihre gewöhnliche Ver-
nachlässigung aber ist entweder einer offenbaren Unkenntniss der That-
sachen oder der bewussten Beschränkung der Agitatoren auf ein dankbareres
und leichter zu bearbeitendes Feld zuzuschreiben.
c) Was aber endlich die Verhältnisse der bei den gewöhnlichen
Handwerkern beschäftigten Gesellen betrifft, so sind dieselben
wesentlich verschieden von denen der bisher geschilderten Zustände; im
Ganzen weit besser, jedoch auch nicht ohne einige ihnen eigenthümliche
Schattenseiten.
Günstiger stellen sie sich vor Allem dar wegen der grösseren persön-
lichen Unabhängigkeit des Einzelnen. Er ist nicht an einen bestimmten
Ort, noch an eine kleine Anzahl von Unternehmungen gebunden, sondern
mag frei wählen, wie ihn die bessere Gelegenheit zur Ausbildung, ein höherer
Lohn , selbst die blose Lust zu wandern und die Welt zu sehen, bestimmt.
Seine Arbeit ist manchfacher, ansprechender, so zu sagen menschlicher, nur
in Ausnahmsfällen erschöpfend. Da, wo die gute alte Sitte noch nicht ge-
wichen ist, bat er Aufnalıme in dem Hause und an dem Tische des Mei-
sters. Endlich und hauptsächlich hat er Aussicht auf ein selbstständiges
Geschäft, in welchem selbst ein bedeutendes Gedeihen ihm blühen kann
bei richtiger Wahl des Aufenthaltsortes, verständiger Ehe und entsprechen-
den persönlichen Eigenschaften, jeden Falles auch unter minder günstigen
Umständen, z. B. in einer kleinen Stadt oder auf dem Lande, ein beschei-
denes Auskommen, da er mit dem Handwerke noch Landbau oder sonst
einen Erwerb verbinden mag. Namentlich aber sind diese Vortheile da
gesichert und erhöht, wo die Aufhebung der früheren Zunftgesetze und
ihrer manchfachen Beschränkungen der Arbeiter zu Guisten der Meister
itzt freie Bewegung und Selbstverfügung möglich gemacht hat.
Aber es liegen freilich auch bedenkliche Missstände vor, theils
durchweg vorhandene, theils wenigstens in sehr vielen Fällen vorkom-
mende. Zu den ersten gehören die Mühseligkeiten und oft schweren Ent-
behrungen auf den Reisen. Der schr mässige Lohn erlaubt kaum die
Ersparung der zur Deckung der Reisekosten erforderlichen Mittel; das Ge-
such um Arbeit auf Zwischenstationen ist häufig vergeblich: natürlich tritt
dann bittere Notb ein, welche durch die herkömmlichen Unterstützungen
aus den Gewerbekassen kaum nennenswerth erleichtert wird und zu einem
theils unsicberen theils herabwürdigenden Haus- und Strassenbettel drängt.
Oft kommt bei übermässiger Anstrengung, schlechter Kleidung und Nahrung
noch Krankheit dazu, oder eine Collision mit den Polizeigesetzen, welche
dann Verhaftung, Zurückbringung auf dem Schub, Zusammenwerfen mit