Full text: Tägliche Erinnerungen aus der sächsischen Geschichte.

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selbst nicht zu dringen. Alle Haͤuser der Petersgasse wurden zu 
Festung und Schanze gemacht und von den Einwohnern aufs wü- 
thendste vertheidigt; viele Minen vereitelten die kühnen Becgleute 
durch Gegenminen; alle eingeworfenen Feuerbrände löschten die nie 
ruhenden Bürger und ihre Gesellen alsbald in ihrer Entstehung; 
zahllose Ausfälle machten die Belagerten und fügten dadurch dem 
großen Schwedenheere unsäglichen Schaden zu. Torstensohn, der vom 
Podagra übel geplagt ward, schäumte und schnaubte, daß auch er die 
Hexenstadt, wie sie schon Banner genannt, nicht bezwingen konnte. 
Er ließ drohen und schmeicheln, um zur Uebergabe zu bewegen; aber 
an Schweidnitz und an der furchtlosen Bürgerschaft scheiterten alle 
Mittel und Künste. Er ließ in den letzten Tagen von drei, vier 
Seiten zugleich angreifen, vom Morgen bis zum Abend Feuerkugeln 
einwerfen, das Trinkwasser abschneiden, Pechkränze anzünden und 
eine Bresche von zwanzig Ellen Länge schießen. Alles umsonst: die 
Stadt ergab sich nicht und konnte nicht genommen werden. Endlich, 
als die Noth der Belagerten schon sehr hoch gestiegen und Vielen 
der Muth fast entsunken war, erblickte man in der Nacht die Wacht- 
feuer der Oestreicher, die unter Piccolomini zum Entsatze heranzogen. 
Torstensohn mußte abziehen, nachdem er mehr als dreitausend seiner 
Krieger fruchtlos geopfert hatte, und den 18. Februar zog Piccolo= 
mini ein und überhäufte die tapfern Vertheidiger mit den größten 
Lobeserhebungen. 
29. December. 
Ein Bär richtet in Auguttusburg grotses Unheil an. 
Noch unter den beiden polnischen Königen und bis zum sieben- 
jährigen Kriege bestanden in Sachsen an verschiedenen Orten Thier- 
gärten, welche wilde Thiere, namentlich Bären, für die damals 
gern gesehenen Thierhateen, Bärenstürzen und andere blutige Vergnü- 
Jungen aufbewahrten. Auch in Augustusburg war ein großer Bär- 
garten nahe am Schlosse und mit einer fünf Ellen hohen Mauer 
umgeben. Aus ihm war schon vierzig Jahre früher einmal ein Bär 
entsprungen und in ein Bauernhaus gelaufen, hatte sich aber geduldig 
und ohne Schaden anzurichten wieder einfangen und zurückbringen 
lassen. Allein den 29. December 1720, gerade am letzten Jahres- 
sonntage, überstieg abermals ein solches Thier die hohe Mauer, 
rannte in ein Haus am Schloßberge, wo drei Kinder beisammen 
waren, und zerriß augenblicklich ein Mädchen von zehn Jahren. Eben so 
verletzte er tödtlich eine zur Hilfe herbeieilende Frau und. lief dann
	        
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