Full text: Handbuch des Königlich Sächsischen Verwaltungsrechts.

242 Gemeindeverwaltung — Gemeindevorstand. 
treten. Zu Schriften, in denen Rechten entsagt wird oder bleibende 
Verbindlichkeiten übernommen werden, bedarf es außer der Unterschrift 
des Gemeindevorstandes noch derjenigen von zwei Mitgliedern des Ge- 
meinderaths und der Beidrückung des Gemeindesiegels; fehlt letzteres oder 
soll die Erklärung gerichtlich erfolgen, so bedarf es der Legitimation 
der Vorgenannten durch die Aufsichtsbehörde (RLGO. 8 72, Entsch. des 
Oberlandesger. vom 31. December 1881 im SWB. von 1883 S. 53). 
Bei Veräußerungen gegen entsprechende Gegenleistung und bei Darlehns- 
aufnahmen ist die Mitunterschrift zweier Mitglieder nicht erforderlich 
(MV. vom 9. März 1885 und 14. August 1886 in der Zeitschr. f. V. 
VII S. 319, S. 320). Bezüglich der von ihm geführten Processe ist 
der Gemeindevorstand dem Gemeinderathe verantwortlich und an dessen 
Zustimmung gebunden (MVO. vom 4. Februar 1879 im SWB. S. 104 
und in der Zeitschr f. R. 46 S. 190). 
Gemeindeverwaltung. Die Organe der G. sind 
1) in Städten Röt. der Stadtrath (s. d.) unter Controle und 
theilweiser Mitwirkung der Stadtverordneten ((. d.). In denjenigen 
Städten RStO., in denen Stadtrath und Stadtverordnete zum Stadt- 
gemeinderathe verschmolzen sind, hat die Beschlußfassung des letzteren in 
allen denjenigen Fällen einzutreten, in denen bei Nichtverschmelzung die 
Mitwirkung der Stadtverordneten erforderlich ist (RSt O. 88 98, 99, 
116). Zur Unterstützung des Stadtrathes können gemischte Ausschüsse 
(s. d.) und Bezirksvorsteher (s. d.) bestellt werden. 
2) In Städten kl. StO. gebührt die Verwaltung der Gemeinde- 
angelegenheiten dem Stadtgemeinderathe (s. d.), soweit nicht einzelne 
Verwaltungsgeschäfte durch das Gesetz dem Bürgermeister (kl. StO. 
Art. IV 8 8) oder durch den Stadtgemeinderath einzelnen Stadtraths- 
mitgliedern (Art. IV § 15,) übertragen sind. Auch die Wahl der Stadt- 
rathsmitglieder und des Dienstpersonals gebührt dem Stadtgemeinderathe 
(Art. IV §§ 3, 8). 
3) In Landgemeinden erfolgt die G. nach § 69 der RLGO. durch 
den Gemeinderath (s. d.), soweit nicht einzelne Geschäfte dem Gemeinde- 
vorstande (s. d.) vorbehalten (RLG. 88§ 70, 72, 76), oder durch aus- 
drückliche Bestimmung des Gemeinderaths den Gemeindeältesten (s. d.) 
oder einzelnen Gemeindemitgliedern übertragen sind (RLG. § 78), oder 
gewissen Gemeindemitgliederclassen in den sie allein betreffenden, jedoch 
das öffentliche Interesse berührenden Angelegenheiten selbstständige Be- 
schlußfassung ortsgesetzlich nachgelassen ist (§ 81), oder statt des Ge- 
meinderathes eine Gemeindeversammlung (s. d.) besteht. 
Gemeindevorstand. I. Der Wirkungskreis und die Geschäfts- 
führung des G. ist geordnet durch §§ 70—80 d. RLGO. Hiernach 
gebührt dem G. die Stellung als Ortsobrigkeit (s. d.) in dem gesetzlich 
begrenzten Umfange, die Gemeindevertretung (s. d.) nach Außen und die 
Leitung der dem Gemeinderathe zustehenden Gemeindeverwaltung #. d.). 
Der G. steht unbeschadet der allgemeinen Aufsicht der Gemeindeaufsichts- 
behörde (s. d.) hinsichtlich der verwaltungs- und polizeiobrigkeitlichen Ge- 
schäfte unter der Disciplinaraufsicht der Amtshauptmannschaft und kann
	        
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