270 Gewerbegerichte.
hauptmannschaft unentgeltlich zur Verfügung (MO. vom 6. Februar
1891 in der Zeitschr. f. V. XII S. 157). Die Bestimmung in § 10,
daß der Vorsitzende im Bezirke des G. wohnen muß, steht den Amts-
hauptleuten in Städten mit besonderen G. nicht entgegen (MVO. vom
8. Mai 1894 im SW B. S. 123). — Von der Errichtung von G. hat
die Kreishauptmannschaft behufs Benachrichtigung der ordentlichen Ge-
richte dem Ministerium des Innern Anzeige zu erstatten (MVO. vom
4. Mai 1891 zu 524 III F). Wegen des Verfahrens bei der Zu-
stellung s. d.
2) Als Einigungsamt hat das G. auf Anrufung beider Theile
thätig zu werden in Streitigkeiten zwischen Arbeitern und Arbeitgebern
über die Bedingungen der Fortsetzung oder Wiederaufnahme des Arbeits-
verhältnisses. Das G. muß in dieser Eigenschaft mit 4 Beisitzern besetzt
sein und hat das Ergebniß der Verhandlungen, mag es zu einer Verein-
barung, einem Schiedsspruch oder zu keinem von beiden gekommen sein,
öffentlich bekannt zu machen (RGes. 8§8 61—69).
3) Das G. ist verpflichtet, auf Ansuchen von Staatsbehörden Gut-
achten über gewerbliche Fragen abzugeben und hat das Recht, in Fragen
der ihm unterstellten Gewerbe Anträge an die Behörden zu stellen
(RGes. 8 70).
4) Ist kein G. vorhanden, so kann jede Partei die vorläufige
Entscheidung des Gemeindevorstehers (Stadtrath, Bürgermeister, auf dem
Lande Friedensrichter) anrufen, gegen die binnen 10 Tagen Klage beim
ordentlichen Gericht erhoben werden kann. Die Zwangsvollstreckung (s. d.)
erfolgt nach den in Verwaltungssachen geltenden Vorschriften; wenn es
sich um Arbeits-, nicht Geldleistungen handelt, kommen daher die Be-
stimmungen über Zwangsvollstreckung in Civilsachen zur Anwendung
(RGes. §§ 71—75, A#O. vom 25. October 1890 8 4, VO. vom
7. October 1892 S. 85, VO. vom 25. Januar 1893 S. 61, MV0.
vom 4. März 1891 in der Zeitschr. f. R. XIII S. 229 und die In-
struction für die Friedensrichter vom 22. Februar 1893 im SW B.
S. 61). Auf selbstständige Gutsbezirke erstreckt sich die Zuständigkeit der
Gemeindevorsteher nicht (MVO. vom 5. Juli 1893 in der Zeitschr. f. V.
XIV S. 286, SW B. S. 1429.
5) Die Entscheidung von Streitigkeiten obiger Art zwischen Innungs=
mitgliedern und Lehrlingen ist Aufgabe der neuen Innungen (. d.),
und von diesen durch Innungsstatut zu regeln (G.8##97/, 98
Pct. 2e). Die Kreishauptmannschaften sind ermächtigt, diese Zuständig-
keit der Innungsgerichte auf Lehrlinge von Nichtinnungsmitgliedern aus-
zudehnen (§100e). Die Entscheidung von Streitigkeiten zwischen Innungs-
mitgliedern und ihren Gesellen ist facultative Innungsaufgabe und in
einem besonderen Nebenstatute zu regeln (§8 97ac, 98a Schlußs., 98e#h.
Schiedsgerichte dieser Art müssen mindestens aus einem von der Aufsichts-
behörde bestimmten Vorsitzenden und 2 aus Gesellen und Innungsmit-
gliedern gewählten Beisitzern bestehen. Zu den Kosten der Schieds-
gerichte der Innungen (s. d.) können, wenn diese Gerichte ihre Aufgabe
erfüllen, auch Nichtinnungsmitglieder herangezogen werden. Die Ent-