Full text: Handbuch des Königlich Sächsischen Verwaltungsrechts.

546 Selbstständige Gutsbezirke. 
in Nachbargemeinden zu Gemeindeämtern in denselben nicht wählbar 
(SW. von 1875 S. 67). 
II. Der Besitzer eines s. G. ist für den Gutsbereich zu allen Pflich- 
ten und Leistungen verbunden, die für den Gemeindebezirk der 
Gemeinde im öffentlichen Interesse obliegen und hierbei der gleichen Auf- 
sicht (s. Gemeindeaufsichtsbehörden) unterstellt (RLGO. 8 841). Ins- 
besondere hat er 
1) als Gutsvorsteher die obrigkeitlichen Befugnisse und Pflichten 
innerhalb des Gutsbezirkes in demselben Umfange, wie innerhalb des 
Gemeindebezirks der Gemeindevorstand (s. Ortsobrigkeit II) auszuüben 
(RLEO. § 840, AVO. vom 22. August 1874 S. 125 § 28). Per- 
sonen, die bei den Wahlen zum Gemeinderathe (s. d. II) nicht stimm- 
berechtigt sind, insbesondere daher auch solche, die die sächsische Staats- 
angehörigkeit nicht besitzen, können zu Gutsvorstehern nicht bestellt werden 
(RLEO. 8 86 und MVO. vom 27. October in der Zeitschr. f. R. 41 
S. 476), dagegen leidet das Erforderniß zweijährigen Wohnsitzes (Ges. 
vom 24. April 1886) auf sie nicht Anwendung (MVO. vom 30. Mai 
1888 in der Zeitschr. f. V. IX S. 221, SWB. S. 121). Die Ge- 
schäfte des Gutsvorstehers können auch durch einen nach dem Ermessen 
der Amtshauptmannschaft geeigneten Stellvertreter, der seinen Aufent- 
halt im Gutsbezirke oder in dessen unmittelbarer Nähe haben muß, aus- 
geübt werden (RLGO. 8§ 84,). Auch für den Fall, daß der Gutsbesitzer 
oder sein gesetzlicher Vertreter (Vormund, Vorstand juristischer Perso- 
nen 2c.) nicht seinen ständigen Aufenthalt im Gutsbezirke hat, oder aus 
andern Gründen das Amt als Gutsvorsteher auszuüben dauernd behin- 
dert ist, sind Stellvertreter zu bestellen, die jedoch diesfalls als Guts- 
vorsteher, nicht als Stellvertreter im Sinne von § 84, (s. oben) zu be- 
trachten sind (s. RLGO. 8§8§ 85, 86). Die allgemeinen Bestimmungen 
über die obrigkeitliche Stellung des Gemeindevorstandes, dessen Verpflich- 
tung (MBeschl. vom 18. Mai 1866 in der Zeitschr. f. V. VII S. 237) 
und Bestätigung durch die Amtshauptmannschaft (RLGO. 88 84, 86), 
über die Disciplinaraufsicht der Amtshauptmannschaft, das polizeiliche 
Hülfspersonal, das Tragen von Dienstabzeichen r2c. (s. Polizeibehörden) 
gelten auch vom Gutsvorsteher und seinem Stellvertreter. Strafverfügun- 
gen gegen den Gutsvorsteher sollen nicht von seinem Stellvertreter, sondern 
von der Amtshauptmannschaft ausgehen (MVO. vom 24. August 1877 
im SWB. S. 153 und in der Zeitschr. f. R. 44 S. 479). Zu Ver- 
fügungen (nicht Strafverfügungen) des Gutsvorstehers, bei denen sein 
Privatinteresse betheiligt ist, ist die Genehmigung der Amtshauptmann- 
schaft einzuholen. Recurse gegen derartige Verfügungen gehen daher so- 
fort an die Kreishauptmannschaft (XLG. 8 841, MVO. vom 19. Juli 
1875 im SWM. S. 174). Gegenüber der polizeilichen Zuständigkeit 
der Gemeindevorstände ist die der Gutsvorsteher in Brandversicherungs- 
sachen (s. Brandversicherungsbehörden) eine beschränktere. Die Aufstel- 
lung der Listen zu staatlichen Zwecken (s. unten II 2), der Schöffen- 
und Geschwornenlisten (s. Schöffen), der Consignation zu Ausführung 
des Reichsges. über die Viehseuchen (s. VO. vom 4. März 1881 S. 13
	        
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