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übernommen werden oder nach erfolgter Uebernahme die Hülfsbedürftig-
keit zu Tage tritt (VO. vom 6. Juni 1871 S. 82 § 0).
2) Ausländer müssen von demjenigen Bundesstaate übernommen
werden, dem der vorläufig unterstützende Ortsarmenverband angehört
(Res. vom 6. Juni 1870 S. 360 § 60). Diese Verpflichtung ist in
Sachsen, solange die Ausweisung nicht ins Werk gesetzt ist, vorbehältlich
der Erstattung durch den Staat auf denjenigen Ortsarmenverband über-
tragen worden, wo der betreffende Ausländer hülfsbedürftig geworden ist
(VO. vom 6. Juni 1871 S. 82 § 10).
C. Für Ausweisungs= und Uebernahmeverfahren sind
I. gegenüber deutschen Ortsarmenbehörden
1) innerhalb des Geltungsbereiches des Unterstützung swohnsitz-
gesetzes vom 6. Juni 1870 S. 360 die Vorschriften dieses Gesetzes
maaßgebend. Die Vorschriften über Geltendmachung des Anspruches auf
Kostenerstattung (s. Unterstützungswohnsitz VIII) gelten daher auch für
den Anspruch auf Uebernahme. Insbesondere ist die Absicht der A. bei
der vorläufigen Anmeldung ausdrücklich auszusprechen (obiges RGes. 8 34
Schlußs.). Der übernahmepflichtige Armenverband kann die Ueberführung
des Hülfsbedürftigen in seine unmittelbare Fürsorge verlangen. Ver-
zögerung und Unterlassung der Ueberführung haben gänzlichen oder theil-
weisen Verlust des Anspruches auf Kostenerstattung zur Folge. Die
Ueberführungskosten trägt der üernahmepflichtige Armenverband (Ges.
32). Die thatsächliche Vollstreckung der A. kann gegen Gewährung
eines bestimmten Unterstützungsbetrages durch den übernahmepflichtigen
Armenverband gehemmt werden. Es geschieht dies entweder im Wege
freier Vereinbarung zwischen den betheiligten Armenverbänden, welchen-
falls die Kreishauptmannschaft auf Anrufen vermittelnd einzuschreiten
hat, oder auch bei nicht erreichter Einigung durch Anordnung der
Kreishauptmannschaft, namentlich in den Fällen, in denen mit der
A. Gefahr für Leben und Gesundheit der Auszuweisenden, erhebliche
Härten und Nachtheile für sie verbunden sein würden (Ges. §§ 55,
56, VO. vom 6. Juni 1871 S. 82 8 9). Streitigkeiten über die Noth-
wendigkeit des Transportes und dessen Ausführung entscheidet endgültig
die zur Entscheidung in der Hauptsache zuständige erstinstanzliche Behörde
des Armenverbandes des Aufenthaltsortes (Ges. § 586). Streitigkeiten
über einen nach § 56 zu gewährenden Unterstützungsbeitrag sind im
reinen Verwaltungswege zu entscheiden (MEntsch, vom 16. August 1878
im SWl. S. 214, MVO. vom 19. Dezember 1895 in der Zeitschr.
f. V. XVII S. 217. Auf bloße Anerkennung der Verpflichtung zur
Uebernahme kann nicht geklagt werden (MEntsch. vom 8. Februar 1878
in der Zeitschr. f. R. 45 S. 270).
2) Im Verhältnisse zu Bayern gelten, wie bezüglich der Ueber-
nahmepflicht (s. oben B 12) auch wegen des Verfahrens die Bestim-
mungen des Gothaer Vertrages. Darnach darf die A. in der Regel
nicht ohne Zustimmung der Behörde des übernahmepflichtigen Staates
erfolgen. Die Kosten der A. trägt der ausweisende Staat innerhalb
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