Full text: Handbuch des Königlich Sächsischen Verwaltungsrechts.

Zwangsenteignung. 711 
b) Wo Ortsbauordnungen nicht bestehen, gelten für innere 
Straßen sinngemäß die Bestimmungen über Communicationswege (oben 
II 1). Da neue Wege, die durch Entstehung neuer Ortstheile nothwendig 
werden, von dem Besitzer des Neubaues herzustellen sind, so sind die 
Wegebaubehörden, auch wo keine Ortsbauordnungen bestehen, berechtigt, 
bei Ertheilung der Erlaubniß zu neuen Anbauten, welche die Beschaffung 
oder Verbreiterung eines Weges nöthig machen, die unentgeltliche 
Arealabtretung und Herstellung des Weges durch den Bauenden zur Bau- 
bedingung zu machen. Ist dies unterblieben, so bleibt nur der Weg der 
gütlichen Verhandlung oder die Einleitung der Z. auf Grund der oben 
B I, B II 1 aufgeführten Bestimmungen übrig (Ges. vom 12. Januar 
1870 S. 5 §§ 3, 18, MV0O. vom 2. October 1854, vom 31. Mai 
1856, vom 17. December 1858 und vom 5. Januar 1869, letztere in 
der Zeitschr. f. R. 33 S. 179). 
J) Ist nach stattgefundenem Brande der Wiederaufbau von Gebäuden 
im öffentlichen, feuer-, gesundheits= 2c. polizeilichen Interesse entweder gar 
nicht oder nur unter Veränderung der Baustellen zulässig, so hat der 
Brandbeschädigte sich die Veränderung, Verlegung 2c. gegen volle Ent- 
schädigung gefallen zu lassen, jedem andern Grundstücksbesitzer aber gegen 
Entschädigung soviel unbebauten Boden abzutreten, als zu Ausführung 
der Veränderung erforderlich ist. Die gleichen Bestimmungen gelten, 
wenn nach Bränden von bedeutenderem Umfange aus gleichen Gründen 
und auf Grund eines von der Baupolizeibehörde zu entwerfenden Neu- 
bauplanes ein veränderter Wiederaufbau erforderlich wird; die Verpflich- 
tung zu Gewährung von Entschädigung trifft in allen Fällen die Ge- 
meinde des Brandorts, doch können Beihülfen aus der Landesbrandver- 
sicherungscasse gewährt werden (Ges. vom 13. October 1886 S. 213, 
S. 240 §§ 123—136, AVO. vom 18. November 1876 S. 509 § 72. 
C. Die Bestimmungen über die Z. zu Herstellung bauplanmäßiger 
Straßen (oben B II 2 a) kommen unter gleichen Voraussetzungen auch 
bei Damm= und Uferbauten, bei Erbauung von Schleußen und 
von Wasserleitungen zur Anwendung (Ges. vom 11. Juni 1868 
S. 331 § 24 und e). Unbeschadet dieser Bestimmungen ist die Ein- 
leitung des Enteignungsverfahrens zur Durchführung von Wasserbauten 
(s. d. A), ingleichen zur Herstellung von Wasserleitungen, die zur Be- 
förderung eines im öffentlichen Interesse liegenden dringenden Bedürfnisses 
von Gemeinden ausgeführt werden sollen, unter der Voraussetzung zu- 
lässig, daß die Genehmigung der Anlage durch das Ministerium erfolgt 
ist (Ges. und AVO. vom 28. März 1872 S. 49, S. 53). 
D. Zur Ausführung von Entwässerungsanlagen (s. d.), Be- 
wässerungsanlagen (s. d.) und Wasserlaufsberichtigungen (s. d.) 
ist ein Enteignungsrecht insofern gegeben, als jeder Grundstücksbesitzer 
oder Nutzungsberechtigte gegen vollständige Entschädigung die Ausführung 
oder Mitbenutzung derartiger Anlagen zu gestatten, die damit verbunde- 
nen Nachtheile und Dienstbarkeiten zu dulden und den erforderlichen 
Grund und Boden abzutreten hat (Ges. und AVO. vom 15. August 1855 
S. 483, S. 495).
	        
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