30 C. Verordnungsrecht der komm. Generale auf Grund des 84.
herrn, welcher frei ist von der Mitwirkung der Volksvertretung
und unbeschränkt durch die Gesetzesauslegung der Gerichte.“
Es ist naturgemäß, daß alle staatlichen Ekte, die sich inhaltlich
als solche der vollziehenden Gewalt oder Derwaltung darstellen,
prinzipiell vom Könige oder den von ihm eingesetzten und ihm
zum Gehorsam verpflichteten Derwaltungsbehörden vorzunehmen
sind. Dieser Grundsatz ist denn auch in der preußischen Derfassung
als selbstverständlich vorausgesetzt anzunehmen, obwohl er darin
nicht besonders ausgesprochen ist. Dieses Drinzip muß für die
vollziehende Gewalt ebenso gelten, wie es für die gesetzgebende
Gewalt von der preußischen Staatsrechtslehre allgemein anerkannt
wird 17). Dieses Hrinzip hat aber in der preußischen Derfassung
wie überhaupt im preußischen Recht mannigfache Durchbrechungen
erfahren. So werden die sogenannten Etatsgesetze nach Krt. 62
DrD U. von den Gesetzgebungsorganen erlassen, obwohl sie mate-
riell Akte der vollziehenden Gewalt bilden; denn sie begründen,
soweit sie sich auf die eingestellten Steuern und Hbgaben beziehen,
nicht unmittelbar Rechtsansprüche Dritter und kommen infolge-
dessen ihrem Inhalte nach nicht als echte Gesetze, sondern nur als
Derwaltungsakte in Betracht 18). Ferner üben die Derwaltungs-
behörden in Hreußen auch rechtsprechende Tätigkeit aus, nämlich
die sogenannte Derwaltungsgerichtsbarkeit 19).
Man ersieht daraus, daß die vollziehende Gewalt oder Der-
waltung im formellen Sinne sich keineswegs mit der Derwaltung
im materiellen Sinne deckt. Mit Rücksicht hierauf ist es von
Wichtigkeit festzustellen, in welchem Sinne man die vollziehende
Gewalt des § 4 B356. zu verstehen hat.
17) Dgl. Hubrich, Dr. Staatsr. S. 156; Laband II S. 61, 80 5. RZufl.;
Anschütz bei holtzendorff S. 504; a. M. rndt Drb U. a. a. G.
183) Dgl. Hubrich S. 134.
19) Dgl. LD G. v. 30. 7. 1883 u. Just. Ges. v. 1. 8. 1883.