Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band III. Völkerrecht. (3)

8 21. Die Personalunion. 93 
  
  
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Sukzessionsordnungen der beteiligten Staaten ein und dieselbe Person in jedem 
dieser Staaten zur Thronfolge berufen ist, oder wenn der Landesherr eines 
Staates die ihm angebotene Herrschaft eines anderen Staates oder eines neu 
entstandenen Staates übernimmt.!) Die Verbindung dauert daher nur so 
lange, als ihr Grund wirksam ist: sie erlischt durch den Wegfall des Rechts 
auf die Herrschaft der verbundenen Staaten, durch anderweite Tatsachen, 
welche das Erlöschen des Rechts zur Folge haben [Verzicht, Enthronung, 2) 
Aussterben der Dynastie, Tod des Souveräns®). Dem Wesen der Personal- 
union *) entsprechend vereinigt der Souverän juristisch so viele Herrscherpersön- 
lichkeiten in sich, als Staaten sich in der Union befinden. In praktisch-politischer 
Beziehung wird allerdings die Verbindung der Staaten mancherlei Wirkungen 
mit sich bringen, welche äußerlich betrachtet eine materielle Übereinstimmung 
des juristisch getrennten und durchaus selbständigen Gemeinwillens der ver- 
bundenen Staaten erkennen lassen; dies wird auf dem Gebiete der auswärtigen 
Politik der Fall sein, wo die Verfolgung diametral entgegengesetzten poli- 
tischen Verhaltens der verbundenen Staaten praktisch kaum durchführbar 
wäre; insbesondere ist die gegenseitige Bekriegung gänzlich ausgeschlossen 5). 
Auch der politische Machtunterschied der verbundenen Staaten wird nicht ohne 
Einfluß bleiben, insofern der schwächere Staat sich der Politik des stärkeren 
anschließen wird. Die praktischen Verhältnisee und gleichartigen Bedürfnisse, 
sowie Rücksichten der Zweckmäßigkeit werden trotz der Selbständigkeit der 
verbundenen Staaten zu gemeinsamer diplomatischer Repräsentation führen, die 
ja selbst zwischen nicht unierten Staaten stattfinden kann. ®) 
Die Geschichte kennt eine größere Reihe von Personalunionen. Eine 
hervorragende Rolle spielte die Union der spanischen Länder und des Deutschen 
Reiches unter Karl V. (1519—1556). Eine Personalunion bestand zwischen 
Sachsen und Polen (1697—1763), zwischen England und Hannover 1714 bis 
1837, zwischen Preußen und dem Fürstentum Neuenburg und der Grafschaft 
Valendis in der Schweiz 1707—1857 (1848),') zwischen Schleswig - Holstein 
  
1) So hat Leopold IL, König der Belgier, im Jahre 1655 die Herrschaft über den durch 
seine Initiative gegründeten Kongostaat übernommen. 
2) Die Personalunion zwischen Preußen und dem Fürstertum Neuenburg in der Schweiz 
wurde dadurch aufgehoben, daß Neuenburg (1848) die republikanische Staatsform annahm und 
die Herrschaft des Fürsten abschaffte. Der Vorgang wurde durch den Pariser Vertrag von 
1857 völkerrechtlich anerkannt. (Nach Art. 1 verzichtet der König von Preußen für sich und 
seine Nachfolger auf das Fürstentum und die Grafschaft Valendis.) 
3) Die Personalunion zwischen Holland und Luxemburg wurde 1891 durch den Tod des 
Königs von Holland aufgelöst; allerdings konkurriert hier noch ein anderer Erlöschungsgrund, 
indem nach der Verfassung von Luxemburg nur männliche Erben sukzessionsfähig sind, der 
König aber nur eine Thronerbin zurückließ. 
4) Vgl. im allgemeinen Jellinck a. a. O. 8. 87. 
5) Da das Recht über Krieg und Frieden in der Monarchie dem Fürsten zusteht, dieser 
sich aber nicht selbst bekriegen kann. 
6) Rivier, Lehrbuch $ 9. 
7) S. den Vertrag bei Fleischmann, 61. Vgl. auch Bornhak, Preuß. Staatsrecht I, 
220 und Blumer, Handbuch des schweizerischen Bundesstaatsrechts II, 204.
	        
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