Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band III. Völkerrecht. (3)

96 Zweites Buch. Die Subjekte des Völkerrechts. 8 22. 
  
gegenüber den Einzelstaaten äußern; daher erlangen Bundesbeschlüsse usw. 
eine Wirksamkeit für die Bevölkerung und die Behörden der Einzelstaaten 
nur durch die hinzutretende besondere Sanktion der Staatsgewalt der Einzel- 
staaten). Sind jedoch vom Bunde eigene Exekutivorgane oder Behörden be- 
stellt, so sind diese allerdings zu einer direkten Wirksamkeit ohne Ver- 
mittlung der Staatsgewalt der Einzelstaaten ermächtigt2).. — Den Zwecken 
des Bundes entsprechend bezieht sich die Kompetenz des Bundesorgans vor- 
zugsweise auf die Erhaltung der äußeren und inneren Sicherheit der Einzel- 
staaten; der Bundeszweck kann aber auch auf die gemeinsame Ausübung 
innerer Hoheitsrechte ausgedehnt sein; es wird sich daher die Kompetenz des 
Bundesorgans auch auf innerstaatliche Angelegenheiten erstrecken. — In einem 
Staatenbunde behält jeder einzelne Staat seine Militärhoheit; das Bundesheer 
bildet sicb aus Kontingenten der Einzelstaaten, übrigens könnte auch ein 
Bundesheer als gemeinsame Institution durch Bundesvertrag geschaffen 
werden 3). — Der Bund hat in der Regel nicht eigenes Finanzwesen, sondern 
ein Kassewesen, beruhend auf Matrikularbeiträgen. Indessen ist dieses 
Moment keineswegs wesentlich, da auch auf anderem Wege durch Bundes- 
vertrag für die Deckung der Bundesauslagen gesorgt sein kann. Jeder Einzel- 
staat übt nach außen das ihm als souveränem Staat und Völkerrechtssubjekt 
zustehende Repräsentationsrecht aus; er hat das aktive und passive Gesandt- 
schaftsrecht, das Recht Staatenverträge abzuschließen, das Recht der Ent- 
scheidung über Krieg und Frieden. Die Ausübung dieser Rechte findet aber 
im Bundesvertrag bezw. in dem Bundeszweck ihre Grenze. Durch den Bundes- 
vertrag kann der Zentralgewalt insbesondere die diplomatische Repräsentation 
der Einzelstaaten übertragen werden. Der Staatenbund tritt dann nach 
außen als eine einheitliche Macht (für die im Bundesvertrag normierten 
Zwecke) auf. Die von der Praxis des Völkerrechts anerkannte Stellung des 
Staatenbundes als völkerrechtliche Einheit im internationalen Verkehr findet 
ihre materielle Grundlage in der Zusammenfassung der politischen Kräfte der 
einzelnen Staaten in dem organisierten Bunde und in dessen einheitlicher 
Politik in auswärtigen Angelegenheiten; die formelle Grundlage jener Stellung 
ist mit: der Existenz eines Zentralorgans gegeben, welches den Willen der 
Gesamtmacht nach außen zum Ausdruck bringen kann‘). Innerhalb der 
durch den Bundesvertrag gezogenen Grenzen kann übrigens neben der diplo- 
matischen Gesamtrepräsentation des Bundes auch jeder Einzelstaat ein kon- 
kurrierendes Gesandtschaftsrecht ausüben. 
  
1) Vgl. v. Gerber, Grundzüge eines Systems d. d. Staatsr. S. 24; Laband, 
H, S. 19. 
2) Jellinek, Staatenverbindungen 8. 185. 
3) Vgl. Jellinek, Staatenverbindungen S. 187. 
4) Als völkerrechtliche Einheit werden auch Vereinigungen zu Verwaltungszwecken be- 
handelt; deren Organisation macht es möglich, daß ihnen unter anderem das Recht zur Ab- 
schließung völkerrechtlich verbindlicher Verträge eingeräumt wird: so z. B. der europäischen 
Donaukommission, dem Deutschen Zollverein seit 1567. Vgl. Jellinek, Staatenverbindungen 
S. 182, 183.
	        
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