122 Zweites Buch. Die Subjekte des Völkerrechtes. 8 29.
Welt.) — Die beim Papste akkreditierten Gesandten fremder Mächte ge-
nießen im Gebiete des Königreiches Italien die ihnen nach Völkerrecht zu-
kommenden Immunitäten. Nach $ 11 Abs. 3 genießen die vom Papste an
auswärtige Regierungen gesandten diplomatischen Agenten im italienischen
Staatsgebiete die herkömmlichen völkerrechtlichen Prärogativen und Immuni-
täten sowohl beim Abgang nach ihrer Mission als bei ihrer Rückkehr.?) —
Außer Zusammenhang mit diesem Gesetze steht natürlich die allseitig aner-
kannte Stellung des heiligen Stuhles als völkerrechtliche Person.
$ 29. Entstehung der völkerrechtlichen Rechtssubjekte.?) I. Die
wissenschaftliche Untersuchung über die Frage nach den mit der Natur des
Menschen'und seinen Interessen gegebenen kausalen Faktoren der Entstehung der
eigenartigen gesellschaftlichen Verbindung der Individuen im Staat findet ihre
Erledigung in der allgemeinen Staatslehre.*) Verschiedene methodische Stand-
punkte haben eine verschiedenartige Formulierung der Antwort auf diese
Frage in der Geschichte der Staatswissenschaft zu Tage gefördert. An sich
nicht Gegenstand des Völkerrechts, besitzt obige Frage doch eine unbestreitbare
Bedeutung für die Grundfragen des Völkerrechts, insofern das wissenschaft-
liche Interesse an dieser Frage nicht schon durch die Erkenntnis gewisser
konstant wirkender kausaler Faktoren der ersten Enstehung der Staaten
erschöpft ist, sondern die geschichtliche Entwicklung der ursprünglichen Keime
des Staatsgedankens in den großen Epochen der Ausbildung und bewußten
Ausgestaltung des Staates bei den Kulturvölkern gleichzeitig die Entwicklung
und Ausbildung jener sozialen und rechtlichen Ideen bedeutet, auf denen das
Völkerrecht beruht. An dieser Stelle kommt jedoch die Frage der Ent-
stehung der Staaten in einem engeren Sinne in Betracht. Es handelt sich
hier lediglich um die Frage nach den Tatsachen, denen vom völkerrechtlichen
Standpunkte die Bedeutung des Eintritts eines neuen völkerrechtlichen Rechts-
subjekts in den Staatenverkehr zukommt. Selbstverständliche Voraussetzung
des Eintritts eines Gemeinwesens in den völkerrechtlichen Verkehr ist der
Besitz jener Eigenschaften, an welche das Völkerrecht die völkerrechtliche
Rechtssubjektivität knüpft: das Gemeinwesen muß die wesentlichen Eigen-
schaften eines selbständigen Staates besitzen. Die Entstehung völkerrecht-
licher Subjekte ist mit geschichtlichen Vorgängen verknüpft, die als spon-
taner Akt der Staatengründung oder als Ergebnis friedlicher
Entwicklung schon bestehender Staaten oder als Ergebnis
von inneren Umwälzungen oder im Wege des Krieges herbeige-
führte Veränderungen in dem historischen Bestande betreffender Staaten
sich darstellen. Derlei Tatsachen sind die originären Staatengründungen in
1) Recht, eigene Post- und Teiegraphenämter im Vatikan oder in jeder anderen Re-
sidenz einzurichten und mit eigenen Beamten zu besetzen.
2) Vgl. über diese Bestimmungen des Garantiegesetzes des Näheren Geffeken, HH II
S. 180.
3) Heffter-Geffken $ 23; v. Holtzendorff IL S. 18ff.; F.v. Martens I S. 269 ff. ;
Hartmann S.29ff.; Gareis$ 16; v. Liszt $ 5, II; Rivier, Lehrbuch, $7; Despagnet,
Cours p. 86 sq.
4) Vgl. insbesondere neuestens Jellinck, Staatslehre 239—254.