Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band III. Völkerrecht. (3)

140 Zweites Buch. Die Subjekte des Völkerrechts. $ 38. 
  
manchmal eine Klausel bei. daß durch den Gebrauch der französischen Sprachie 
den übrigen nicht präjudiziert werden soll. Ein völkerrechtlicher Rechtsatz, 
durch welchen die französische Sprache als die diplomatische sanktioniert 
wäre, existiert also nicht. !) 
II. Die Völkersitte kennt Gegenstände, welche Veranlassung zu völkerrecht- 
lichen Ehren- und Höflichkeitsbezeugungen geben können: sog. Zeremoniell- 
gegenstände, z. B. die Notifikation des Regierungsantritts, von Vermälh- 
lungen, Geburten und Todesfällen in regierenden Familien, Anlegung von 
Hoftrauer, Empfang fremder Souveräne, Begrüßung derselben an der Grenze 
u. s. w. Hiemit hängt zusammen die Übersendung von Geschenken, Orden 
u.s. w. Durch Übung haben sich ferner insbesondere bezüglich des See- 
zeremoniells bestimmte Regeln ausgebildet, in denen die anerkannten Rang- 
verhältnisse der Staaten auch im Seeverkehr zum Ausdruck kommen. Unter 
Seezeremoniell versteht man die Ehrenbezeugungen, welche auf der See be- 
findliche Schiffe einander oder den Seeplätzen oder hohen Personen erweisen 
sollen. Der Zweck des Zeremoniells kann ein dreifacher sein: a) Ausdruck 
der Unterwerfung als Kriegsgefangener, b) Anerkennung der Oberherrlichkeit 
eines Staates über ein Seegebiet und c) Bezeugung einer vorgeschriebenen 
oder herkömmlichen Höflichkeit. Die vorzüglichsten Formen sind a) das 
Streichen und Anziehen der Flagge (le salut de pavillon); das erstere 
kommt nur vor als Zeichen der Unterwerfung; b) das Segelstreichen (le 
salut des voiles) hat nur von Kauffahrteischiffen gegenüber Kriegsschiffen zu 
geschehen; c) der vorzugsweise so genannte Seegruß durch Abfeuerung 
von Kanonen (le salut des canons). An sich kann jeder Staat seinen Schiffen 
ein Zeremoniell vorschreiben, welches sie unter sich und gegen fremde Schiffe 
und Seeplätze beobachten sollen und zwar sowohl auf offener See wie in 
seinem Seegebiete. Fremden Schiffen kann ein Staat ein Zeremoniell vor- 
schreiben, wenn sie in seinem Gewässer ein- oder auslaufen. Auf offener See 
ist kein Staat ohne besonderen Vertrag berechtigt, von fremden Schiffen Ehren- 
bezeugungen zu fordern. 
$ 38. Die völkerrechtlichen Personen als Subjekte von Rechten 
und Pflichten. I. Bei der Beantwortung der Frage nach der Möglichkeit und 
Beschaffenheit subjektiver Rechte und Pflichten zwischen Staaten ist von drei 
Momenten auszugehen: von der Existenz von Rechtsnormen für das gegen- 
seitige Verhalten der Mitglieder der internationalen Gemeinschaft, der juri- 
stischen Eigenart dieser Gemeinschaft und sohin auch jener Normen, endlich 
von der Rechtsfähigkeit der Staaten in ihrer Eigenschaft als völkerrechtliche 
Subjekte Da, wie oben (S. 17ff.) nachgewiesen ist, die völkerrechtlichen 
Normen den Charakter positiven Rechts besitzen, kann die Frage der Mög- 
lichkeit subjektiver Rechte der völkerrechtlichen Personen immer nur in einer 
— u — 
1) Art. 20 der Wiener Kongreßakte sagt: „. . . il est reconnue par les puissances qui 
ont concouru & cet acte que V’emploie de cette langue (der französischen) ne tirera point & 
consequence pour l’avenir, de sorte que chaque puissance se reserve d’adopter ... . la langue 
dont elle s’est servie jusqu’ici dans ses relations diplomatiques, sans que le trait& actuel puisse 
etre cite, comme exemple contraire aux usages Gtablies.
	        
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