Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band III. Völkerrecht. (3)

150 Zweites Buch. Die Subjekte des Völkerrechts. 8 39. 
  
vität beruht. Die praktische Anerkennung dieser Rechtssubjektivität 
kommt aber notwendigerweiss auch in der Pflicht zur Hinderung von Ver- 
letzungen und Wiederaufhebung der Folgen derselben zum Ausdruck. 
III. Der Unterschied der unmittelbaren und mittelbaren Verantwort- 
lichkeit äußert sich in den rechtlichen Wirkungen. Da das völkerrechtliche 
Delikt nicht Verbrechen im strafrechtlichen Sinne ist, so entfällt die An- 
wendbarkeit strafrechtlicher Folgen; die Wirkung kann nur in Genug- 
tuung und eventuell in Ersatz des verursachten materiellen 
Schadens bestehen. Gegenüber der Vielgestaltigkeit der möglichen Ver- 
letzungen und dem Mangel einer Spezialisierung der überhaupt in Betracht 
kommenden Tatbestände fehlt es im Völkerrecht an allgemeinen Regeln über 
die Voraussetzungen des Eintritts und den Inhalt der rechtlichen Verantwort- 
lichkeit. Die Natur des einzelnen Falles und das Ermessen des verletzten 
Staates werden in letzter Reihe darüber entscheiden, ob eine genugtuende 
Erklärung, ein solenner Genugtuungsakti, oder außerdem auch Schadenersatz 
oder dieser allein die geeigneten Mittel sind, die Folgen der Verletzung wie- 
der aufzuheben. Dabei wird auch der Umstand, ob die Verletzung vorsätz- 
lich oder kulpos verursacht wurde, in Betracht kommen. !) Die Weigerung 
des delinquierenden Staats, Genugtuung u. s. w. zu leisten, legitimiert den 
Verletzten zur Anwendung der völkerrechtlich zulässigen Zwangsmittel: in 
Friedenszeiten zur Anwendung von Repressalien, zum Embargo und zur Blo- 
kade, in Kriegszeiten zu Repressalien und Wegnahme von Geiseln. 
In Fällen mittelbarer Verantwortlichkeit handelt es sich in der 
Hauptsache darum, daß der Urheber der verletzenden Handlung zum Schaden- 
ersatz veranlaßt und event. auch bestraft wird. Im übrigen gestaltet sich 
die Verantwortlichkeit verschieden, u. z. vor allem mit Bezug auf die ver- 
schiedene Stellung der delinquierenden Organe des Staates: des Staatsober- 
hauptes, der Mitglieder der Regierung, der diplomatischen Agenten, Gerichte, 
Verwaltungsorgane, parlamentarischen Körperschaften, der militärischen Funk- 
tionäre des Landheeres und der Flotte. Einen eigenartigen Charakter wer- 
den die hier in Frage stehenden Wirkungen an sich tragen, wenn ein Staats- 
oberhaupt sich einer deliktischen Handlung schuldig macht (s. unten S. 159). 
Da die Mitglieder der Regierung der Jurisdiktion der Landesgerichte 
unterworfen sind, ist der Inhalt der staatlichen Verantwortlichkeit derselbe, 
wie in Fällen der Begeliung des Delikts durch eine Privatperson, wenn das 
deliktische Verhalten in keiner Weise mit der amtlichen Stellung und der 
Amtstätigkeit der betreffenden Person verknüpft ist. In diesem letzteren 
Falle tritt dagegen die unmittelbare Verantwortlichkeit des Staates in Wirk- 
samkeit. — Bezüglich der Delikte der diplomatischen Agenten s. unten 
in der Lehre von den diplomatischen Agenten. — Was die Gerichte be- 
trifft, so sind deliktische Handlungen gegen fremde Staaten u. s. w., begangen 
von richterlichen Personen in ihrer Stellung als Privatpersonen, den von 
Privatpersonen begangenen Delikten gleich zu behandeln. Anlaß zu inter- 
  
  
lı Vgl. Oppenheim 1 $ 156.
	        
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