$ 43. III. Hilfsorgane. Das Ministerium des Auswärtigen u. s. w. 161
wirkung anderer Persönlichkeiten angewiesen ist, denen die Lösung der staat-
lichen Aufgaben zu Berufsrecht übertragen ist. Die verschiedenen Zweige
der Staatstätigkeit werden auf eine Reihe von Ämtern verteilt. Einheitliche
Wirksamkeit dieser Ämter setzt Zentralisation des Staatsdienstes voraus, die
im heutigen Staat dadurch erzielt wird, daß an der Spitze jedes Ressorts ein
(verantwortlicher) Minister steht, dem die Beamten dieses Ressorts unmittelbar
untergeordnet sind. Die Verwaltung der auswärtigen Angelegenheiten findet
ihre Zentralisation in dem Ministerium der auswärtigen Angelegen-
heiten (foreign office, ministere des affaires &trangeres). Die hohe Bedeutung
der Interessen, deren Pflege dem Chef dieses höchsten Amtes, dem Minister
des Auswärtigen, anvertraut ist, steigert natürlich die Anforderungen an die
staatsmännischen Fähigkeiten und den Charakter des Trägers dieses Amtes,
denn die dienstliche Stellung gegenüber dem obersten Leiter der auswärtigen
Politik mag immerhin den Minister des Auswärtigen formell als den Voll-
strecker der Entschließungen des Staatsoberhaupts erkennen lassen — der
Sache nach sind doch alle mit der Leitung der auswärtigen Angelegenheiten
verknüpften Entschließungen von der Initiative des Ministers (namentlich im
konstitutionellen Staate) und vielfach von der konsequenten Durchführung
eines bestimmten politischen Systems abhängig. — Der enge Zusammenhang
von auswärtiger und innerer Politik kommt in vielen Staaten darin zum Aus-
druck, daß der Minister des Auswärtigen zugleich die Stellung des Kabinets-
chefs (Ministerpräsidenten) einnimmt. — Abgesehen von jenen Funktionen, in
denen der Einfluß des Ministers des Auswärtigen als ersten Ratgebers des
Staatsoberhaupts auf den Gang der auswärtigen Politik zum Ausdruck gelangt 2),
kommen folgende Funktionen in Betracht.!) Der Minister des Auswärtigen
ist das Organ des Verkehrs mit den Vertretern der fremden Staaten, er unter-
handelt mit ihnen, er vermittelt den Verkehr der fremden Gesandten mit
seinem Souverän, in allen politisch wichtigen Fällen ?) hat er den Audienzen
beizuwohnen, durch ihn erhalten die fremden Konsulen das Exequatur. Der
Minister hat dem Staatsoberhaupt für die Vertretung des Staates bei aus-
wärtigen Höfen geeignete Persönlichkeiten vorzuschlagen und seinen Rat be-
züglich der Annahme bestimmter Persönlichkeiten als Vertreter fremder
Staaten zu erteilen; die Kreditive, Vollmachten und Instruktionen der Ge-
sandten seines Staates sind von ihm oder wenigstens unter seiner verantwort-
lichen Leitung zu entwerfen und zu unterzeichnen; ebenso hat er alle in aus-
wärtigen Angelegenheiten abzufassenden Staatsschriften (Urkunden, Depeschen,
Vertragsentwürfe, Manifeste, Kriegserklärungen u. s. w.) zu redigieren oder
unter seiner verantwortlichen Leitung durch seine AHilfsarbeiter redigieren zu
Stoerk in v. Stengel’s Wörterb. des deutschen Verwaltungsrechts s. v. Ministerium der
auswärtigen Angelegenheiten“ und die dortselbst angeführte kgl. preußische Verordnung vom
27. Oktober 1580, welche für die prinzipielle Stellung des Staatschefs im Bereich der aus-
wärtigen Angelegenheiten geradezu typisch ist.
1) Die Form dieser Funktion ist der dem Staatsoberhaupt erstattete Vortrag.
2) Geffcken, HH UI S. 670, 671. .
3) Hierher gehört in erster Reihe die Überreichung des Kreditivs bezw. des Ab-
berufungsschreibens der Gesandten.
Ullmann, Völkerrecht. 11