Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band III. Völkerrecht. (3)

174 Drittes Buch. Die Organe der Völkerrechtssubjckte. $ 48. 
  
$ 48. Bestellung des Gesandten. I. Die Ernennung einer Person zum 
Gesandten erfolgt nach den für dieses Gebiet des Staatsdienstes im Landesrecht 
vorgezeichneteu Normen. Bezüglich der materiellen und formellen Voraus- 
setzungen der Berufung in den diplomatischen Dienst bestanden zu ver- 
schiedenen Zeiten verschiedene Grundsätze. In den modernen Kulturstaaten 
wird regelmäßig der Nachweis fachmännischer Bildung verlangt — eine 
Forderung, die im Hinblick auf die im modernen Völkerverkehr in den Vorder- 
grund gerückten Aufgaben der öffentlichen Wohlfahrtspflege, die ohne fach- 
männische Kenntnisse und Praxis kaum gelöst werden können, sich von selbst 
versteht. Daneben sind allerdings in der Praxis der Besetzung der poli- 
tisch wichtigeren diplomatischen Posten auch in der Gegenwart vielfach 
Gesichtspnnkte maßgebend, denen zwar nirgends die Bedeutung publizistisch 
maßgebender Voraussetzungen innerhalb derOrdnung der Berufung in das Staats- 
amt zukommt, dieaber gleichwohl in dieser Dienstsphäre eineschwerwiegende Be- 
deutung besitzen: es sind dies insbesondere die soziale Stellung des Diplo- 
maten und die Rücksicht auf den Aufwand, den der Repräsentant eines 
Staates namentlich an größeren Höfen zu machen veranlaßt ist und der kaum 
immer durch das noch so hohe Gehalt des betreffenden Postens gedeckt 
erscheint. 
II. Wie schon oben (S. 166) angedeutet worden ist, kann die vom Stand- 
punkte des Absendestaates getroffene Wahl der Person des diplomatischen 
Agenten bei dem Empfangsstaate auf Hindernisse stoßen: ernste politische 
Gründe und Rücksichten des sozialen Verkehrs können den Empfangs- 
staat bestimmen, die Annahme einer bestimmten Persönlichkeit zu verweigern. 
Um deswillen ist es Uebung, vor der Akkreditierung eines Gesandten bei 
dem auswärtigen Hofe anzufragen, ob die gewählte Person genehm (eine per- 
sona grata) sei (demande d’agretion)!), — Ebenso ist schon bemerkt worden, 
daß als Gesandte bestellte Staatsangehörige des Empfangsstaates 
nicht angenommen werden, daher solche Personen nicht als Gesandte zu be- 
stellen sind?2). — Frauen sind nicht unfähig, eine Gesandtschaft zu über- 
nehmen, aber als Öffentliche Gesandte heute nicht gebräuchlich?) 
III. Juristische Konsequenz fordert, daß der Beginn der Stellung des Ver- 
treters eines Staates als Gesandter an einen völkerrechtlich maßgebenden 
Akt geknüpft wird, der den Willen der beiden beteiligten Staaten (des Ab- 
sendestaates und des Empfangsstaates), eine diplomatische Vertretung für ihre 
gegenseitigen Beziehungen einzurichten, in unzweifelhafter Weise bekundet. 
Dieser Akt ist die offizielleAudienz, in welcher der fremde Diplomat als 
Vertreter seines Staates von dem Staatsoberhaupt des Empfangsstaates an- 
. 9 Beispiele der Nichtannahme von Gesandten siehe beiGeffeken, HHIIILS. 632, 633. 
2) Ausdrückliche Verbote bestehen in Frankreich, Holland, Schweden und in der 
Schweiz. Auch die römische Kurie ist von der früheren gegenteiligen Übung abgegangen. 
Hübler, Magistraturen 23. 
3) Anders in früherer Zeit. Ein Beispiel diplomatischer Wirksamkeit von Frauen ist 
der sog. Traite des dames vom 5. August 1529, geschlossen von Margarethe von 
Savoyen und Marie Louise von Angouläüäme. — Werden Frauen als geheime 
Agenten verwendet, so kommt ihnen als solehen ohnehin nicht diplomatischer Charakter zu.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.