194 Drittes Buch. Die Organe der Völkerrechtssubjekte. $ 53.
kann eine fremde Mission nicht erheben. Bezüglich der Abgaben werden ge-
wöhnlich Begünstigungen gewährt !).
Im Kriegsfalle, d. h. wenn das Kriegsrechtsverhältnis zwischen zwei
Staaten entstanden ist, braucht keiner Missionen des anderen die Durchreise
und den Aufenthalt auf seinem Gebiete zu gestatten — es wäre denn, daß
er der Mission freies Geleite gegeben hat. Fremde Gesandte können in derlei
Fällen festgenommen werden). — In Okkupationsfällen wird der Okkupant
die Unverletzbarkeit der bei dem Gegner akkreditierten Gesandten respek-
tieren; im übrigen wird sich sein Verhalten gegenüber den fremden Missionen
nach Maßgabe der Kriegsnotwendigkeit bestimmen: er wird insbesondere be-
rechtigt sein, den Verkehr der Missionen nach außen zu beschränken). —
Neutrale haben das Recht, ihren Verkehr mit beiden Kriegsteilen fortzusetzen;
daher dürfen die von einem bei einer neutralen Regierung akkreditierten
Gesandten auf einem neutralen Schiffe versendeten Depeschen an seine Re-
gierung von den Kreuzern jener Regierung, welche mit der seinigen im
Kriege ist, nicht mit Beschlag belegt werden ?).
$ 53. Beendigung der diplomatischen Mission.’) 1. Die diplomatische
Mission endigt:
I. Durch Ablauf der Frist, für welche die diplomatische Mission er-
teilt wurde.
2. Durch Erledigung des speziellen Auftrags, z. B. Berlück-
wünschung eines Souveräns zur Thronbesteigung u. s. w.
3. Durch den Tod, die Abdankung oder Entfernungdes Souveräns,
den der Gesandte vertritt, oder desjenigen, bei dem er beglaubigt ist. Die Fort-
setzung der Mission bei dem Nachfolger erfordert neuerliche Beglaubigung
des Gesandten. Dies gilt auch für den Fall des Wechsels in der Person
des Staatsoberhaupts der Republiken, wenn dem Staatsoberhaupt wie in Frank-
reich das Repräsentationsrecht ohne Einschränkung zusteht, ihm also die
1) Der Lehr’sche Entwurf Art. 19 (Annuaire XII p. 275) empfichlt. die völkerrecht-
liche Normierung der Abgabenfreiheit in gleichem Maße, wie sie fremden Missionen im Emp-
fangsstaate zukommt. Der Entwurf wünscht auch die völkerrechtliche Fixierung der in den
Artt. 7 und 10 formulierten Konsequenzen der exterritorialen Stellung des Gesandten, resp.
seiner Familie. Das Reglement hat dagegen eine einschlägige Bestimmung (unter Zustim-
mung Lehr’s) nicht aufgenommen (Annuaire XIV p. 239, 240).
2) Der Fall des Marschalls von Belle-Isle, 1756. G. F. v. Martens, Causes ce£lö-
bres II p. 285. — Eın Fall von Verletzung des Völkerrechts ist die Festnahme des eng-
lischen Gesandten Lord Holdernesse durch einen österreichischen Offizier 1744. Die kaiserl.
Regierung milibilligte dieses Vorgehen, denn England war nicht im Kriege mit Österreich,
sondern nur mit dessen Feinden verbündet.
3) Das Vorgehen Deutschlands im Jahre 1870 gegenüber den in Paris freiwillig ver-
bliebenen Gesandten, deren Kouriere mit verschlossenen Briefen nicht frei passieren durften,
war durchaus berechtigt. Vgl. Geffeken, HH III S. 667.
4) Vgl. Geffeken, HH III S. 668 und den dort erwähnten Fall.
5) Hefter-Geffcken $$ 236 ff.; F. v. Martens IIS. 63ff.; Hartmann S. 120ff.;
Gareis $ 40; Hübler, Magistraturen, 35ff.; Hall $ 95**; Phillimore II, $$ 237 sq-;
Oppenheim 1, $$ 406 sq.; Rivier Prineipes I $ 40; Bonfils Nr. 730 sq.