$ 51. Die Konsulen. Entwicklung des Konsularwesens. 197
klassischen Altertums in Zusammenhang gebracht !); so vor allem mit den
zeoosevol der hellenischen Staaten 2), ferner mit dem hospitium, dem Patronat
und der Funktion des praetor peregrinus bei den Römern). Indessen der
Grundgedanke, aus dem diese Einrichtungen des Altertums sich gebildet
hatten, ist ein anderer als jener, auf dem das Konsularwesen beruht; auch
fehlt der geschichtliche Zusammenhang des Konsularwesens mit jenen Ein-
richtungen, indem die tatsächlichen Verhältnisse, welche zur Bildung des
Konsularwesens führten, in einer viel späteren Zeit wirksam geworden sind.
Es ist dies die Zeit der Entwicklung des Handels der oceidentalischen Völker
nach dem Orient seit den Kreuzzügen; in dieser Zeit gründen insbesondere
die unternehmenden Handelsstädte Italiens (Venedig, Pisa, Florenz, Genua),
des südlichen Frankreichs (Marseille) und Spaniens (Barcelona) in den Län-
dern des Orients Handelsniederlassungen, deren Gedeihen mit der Schaffung
einer jurisdiktionellen Autorität auf das engste verknüpft war. In der Tat
sind die geschichtlichen Anfänge des Konsularwesens auf das Bedürfnis nach
einem richterlichen Organ für die Entscheidung von Streitigkeiten aus Han-
delsgeschäften unter den Angehörigen derselben Heimat und mit den Fremden
zurückzuführen *). Der Kreis der Interessen der Kaufleute blieb aber nicht
auf handelsrechtliche Streitsachen beschränkt; es handelte sich auch um ein
Organ, dem der Schutz des Handelsbetriebes im ganzen gegenüber den
Lokalobrigkeiten übertragen werden konnte. In den Handelsstädten des süd-
lichen Europa gab es Lokalobrigkeiten mit polizeilicher und richterlicher
Autorität zum Schutze des Handels; sie führten zumeist den Namen consules
(consuls des marchands, juges-marchands, consuls-marchands). Unter ver-
schiedenen Namen wurden auch in Syrien, Palästina und Ägyten für die nach
diesen Ländern handeltreibenden Städte und Nationen richterliche Organe
eingesetzt. Für die Entscheidungen war nach dem damals herrschenden
System der Nationalität des Rechts das heimatliche Recht der Parteien maß-
gebend. Außer der richterlichen Funktion hatten diese Funktionäre (consuls
d’outre mer oder & l’etranger) auch über die Privilegien in bezug auf Handel
und Schiffahrt zu. wachen). — Mit der Entwicklung des Handels unter den
Kulturvölkern des Occidents hängt die Bestellung ähnlicher Organe seitens
der italienischen, französischen, spanischen und hanseatischen Städte in den
1) Siehe darüber im allgemeinen Pradier-Fodcre&, Trait€ de droit intern. public
IV 8 2037 sq. Vgl. auch W ogalski Normen des altgriechischen Völkerrechts (1895); Schaubo
La poxenie au moyen äge R XXVII, $ 25 sq. ö
3) Miltitz I. c. IS. 11; Miruß l. c. 1S. 481. — Über die griechischen Proxeneten
im allgemeinen sicho Tissot, De proxdnes grecques.
3) De Clorcq et de Vallat Il. c. Ip. 1 sq.; Sell, Rekuperation der Römer (1837)
130 ff.
4) Über die Entwicklung des Konsularwesens außer der zit. Arbeit von Martens
Goldschmidt Handb. d. Handelsrechts I (Geschichte des Handelsrechts); Schaube in
den Mitteil. d. Inst. f. österr. Geschichtsforschung XIII 338 ff.;, Doren in Schmoller, Staats-
u. sozialwiss. Forschungen XU, 2 ff. XV, 3 ff.
5) Über die juges A bord des navires (zur Beaufsichtigung der Schiffsmannschaft) siche
Miltitz IS. 6 u. 162 sq.