Von den Konsulen im allgemeinen. 205
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würde ihm doch jene öffentliche Autorität fehlen, die den Erfolg seines Ein-
schreitens verbürgt. — Abgeselien von der Wahrnehmung der Handelsinteressen
ist den Konsulen noch eine Reihe von Funktionen übertragen, deren Ausübung
juristische Bildung und Praxis voraussetzt und mit einer amtlichen Verant-
wortung verknüpft ist, die einen engeren dienstlichen Verband mit der Staats-
gewalt des ernennenden Staates voraussetzt; in beiden Richtungen fehlen bei
Wahlkonsulen die nötigen Garantien. — Ferner sind zweifellos Übelstände
damit verknüpft, daß der Konsul, der nicht Beamter ist, kein fixes Gehalt
bezieht, daß die Konsularfunktion von ihm nur als Ehrenamt und Neben-
beschäftigung behandelt wird, daß er bezüglich seiner Hauptbeschäftigung den
Schwankungen der kommerziellen und industriellen Verhältnisse ausgesetzt
leicht in eine Lebenslage geraten kann, welche dem Ansehen des Amtes in
hohem Maße abträglich ist. Überhaupt dürften sich im Gegensatze zu den
für den Konsulardienst ausgebildeten und durch ihre dienstliche Stellung und
Disziplin streng verpflichteten Berufskonsulen die Wahlkonsulen nicht immer
dazu eignen, in allen mit ihrer Funktion verknüpften Verhältnissen und auch
außerhalb derselben das Ansehen ihrer amtlichen Stellung zu wahren. —
Schließlich ist auch auf die lästigen Rangstreitigkeiten aufmerksam zu machen,
die an vielen Handelsplätzen zwischen Wahl- und Berufskonsulen hervorgerufen
werden, und die kaum zu vermeiden sind, solange trotz des tiefgreifenden
Unterschieds zwischen diesen beiden Kategorien von Funktionären deren for-
melle Gleichstellung einen durchgreifenden Grundsatz bildet !).
Alle diese Übelstände entfallen bei den Berufskonsulen. Diese sind
eigene Staatsangehörige des Absendestaates und befinden sich in amtlicher
Berufsstellung; in dem publizistischen Subjektionsverhältnis, sowie in dem
Dienstverhältnis liegen erhöhte formelle, in der fachmännischen Ausbildung
und der berufsmäßigen Tätigkeit dieser Beamten liegen materielle Garantien
einer gleichmäßigen und praktisch wirksamen Vertretung der mit der Konsu-
larfunktion verknüpften Interessen des Staates und der die Dienste dieses
Instituts im Auslande benötigenden Staatsangehörigen. Staaten, deren öko-
nomische Interessen und Stellung im Weltliandel eine verläßliche und wirksame
Vertretung im Auslande erheischen, sind zweifellos veranlaßt, das Schwer-
gewicht ihrer Konsularvertretung in den Berufskonsulen zu suchen. Einige
Staaten sind in neuerer Zeit von der Übung, Konsulen beider Kategorien an frem-
den Plätzen zu bestellen, abgekommen: sie verwenden fast nur Berufskonsulen;
so England, Frankreich, die Vereinigten Staaten von Nordamerika.2) Je mehr
1) Von Interesso sind in dieser Beziehung die von Engelhardt (Annuaire XI p.
379, 379) mitgeteilten Äußerungen eines Generalkonsuls bezüglich der Verhältnisse in einer
großen Hafenstadt Europas: „Les trois quarts des membres du corps consulaire local ap-
partiennent au commerce ou & l’industrie, et plusiers d’entre eux ne figurent pas parmi les
plus honorables de la cite. Il y en a qui, & peine connus, ä peine cot‘s sur la place, repre-
sentent des republiques &phemeres ou miniscules, et sont eux qui, d’ordinaire, aux jours de
sollenites officielles, sont les plus encombrants“* u. 8. w.
2) Deutechland, Rußland, Belgien u. a. bestellen Konsulen beider Kategorien; die Schweiz
hat nur Wahlkonsulen. Vgl. bezüglich der Schweiz Oncken, Die schweizerische Konsular-
reform (1886). — Über den Umfang, in welchem heute noch die Bestellung von Wahlkon-