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208 Drittes Buch. Die Organe der Völkerrechtssubjekte. 8
Konsularbezirk beschränkt. Innerhalb der einheitlichen politischen Gesamt-
aufgabe des Staates macht sich eben, wie auf allen Gebieten sozialen Wirkens,
die Notwendigkeit einer Arbeitsteilung geltend, die sich auch hier als eine
Bedingung der sicheren Erreichung gewünschter Erfolge bewährt. An sich
betrachtet liegt ja in der Einheit des staatlichen Gemeinzwecks die Forderung
einheitlicher Zentralisation der Organe des Gemeinwillens; die Mannigfaltigkeit
der praktischen Bedingungen der Erreichung des Gemeinzwecks und die
komplizierte Gestaltung der tatsächlichen Verhältnisse, in denen jene Be-
dingungen enthalten sind, führt aber zu einer Verteilung der staatlichen
Arbeit. Die Geschichte der diplomatischen Vertretung der Staaten einerseits
und jene des Konsularwesens anderseits zeigt deutlich, daß mit der Ein-
richtung ständiger Gesandtschaften die traditionelle Bedeutung des Konsular-
instituts eine Minderung erfahren hatte. Diese geschichtliche Erscheinung
erklärt sich zweifellos dadurch, dal der Gedanke der Vertretung nunmehr
einen einheitlichen und zutreffenden Ausdruck in der Abordnung staatlicher
Organe des diplomatischen Dienstes gefunden hatte. Daß diese diplomatische
Vertretung zunächst für genügend befunden wurde!) —, dafür liegt der Grund
darin, daß der staatliche Wohlfahrtszweck mit der reichen Fülle von einzelnen
Aufgaben sich noch nicht in dem Maße geltend gemacht hatte?), das für die
neueste Zeit entscheidend wurde. Die moderne Wirtschaft mit ihren An-
forderungen an die staatliche Wirksamkeit und ihrer Abhängigkeit von
analogen Verhältnissen anderer Länder drängte zu einer selbständigen Ver-
tretung betreffender Interessen im Auslande durch fachkundige Organe und
sohin zu intensiverer Pflege jener Interessen. Indessen diese Arbeitsteilung
bedeutet doch keineswegs eine derartige Differenzierung des diplomatischen
und des Konsulardienstes, daß darüber der innere, materielle Zusammenhang
verloren gelien könnte. Die moderne Gestaltung der Dinge bringt aber diesen
Zusammenhang zu klarem Bewußtsein, und indem wir einerseits an der durch
die Verhältnisse gebotenen Arbeitsteilung festhalten, rechtfertigt sich zugleich
die rationelle Gestaltung des rechtlichen Verhältnisses der beiden so enge
miteinander verknüpften Zweige des auswärtigen Staatsdienstes. Dieser enge
Zusammenhang ist in der Tat kein willkürlich geschaffener und blos äußer-
licher, sondern ein organischer; es entspräche also durchaus den realen Ver-
hältnissen, wenn jener Zusammenhang der beiderseitigen Aufgaben in einer
gleichartigen rechtlichen Stellung der staatlichen Organe formellen Ausdruck
fände. Dabei mag man über das Maß der Assimilierung der rechtlichen
1) Nach der Einführung ständiger Gesandtschaften machte sich nur noch das Bedürfnis
geltend, an den einzelnen Handelsplätzen Agenten zu haben, denen vornehmlich die Aufgabe
zukam, sich der Handelsinteressen ihrer Konnationalen bei und gegenüber den Lokalbehörden
anzunehmen.
2 Der Gedanke, dab die Konsulen nicht nur für die Handels- und anderweiten
Interessen der Angehörigen, sondern zugleich auch für das öffentliche Wohl ihres Staates ein-
zutreten hätten, ist übrigens der Zeit, in welcher ständige Gesandtschaften allgemein in Auf-
nahme kamen, nicht unbekannt. Dies zeigt deutlich der Handelsvertrag zwischen Frankreich
und Dänemark vom 14. Februar 166® (de Miltitz, Manuel des Consuls II p. 27). Vgl. auch
Bulmerineq, HH TIT S 6%.