Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band III. Völkerrecht. (3)

224 Drittes Buch. Die Organe des Völkerrechtssubjekte. 8 68. 
  
$ 63. Die Rechte der Konsulen in nichtchristlichen Staaten (pays 
hors chrötiente)!), Aus Gründen, die oben erörtert wurden, genießen die Kon- 
sulen der christlichen Staaten in den nichtchristlichen Ländern des Orients, 
des östlichen Asien und Afrikas eine exzeptionelle Stellung. Ein wirksamer 
Schutz des Interesses der zivilisierten Staaten an der ungehinderten Pflege 
der Handelsbeziehungen nach jenen Ländern sowie der Sicherheit der Person 
und des Eigentums ihrer Angehörigen ist durch die Exemtion der letzteren 
von der lokalen Jurisdiktion und Gesetzgebung und sohin durch ein ent- 
sprechendes Maß von Immunitäten und Exemtionen der offiziellen Organe der 
zivilisierten Staaten, denen die Sicherung jenes Schutzes anvertraut ist, be- 
dingt. Der Exterritorialität der Angehörigen der zivilisierten Staaten 2) korre- 
spondiert die exterritoriale Stellung der Konsulen; die praktisch wichtigsten 
Rechte derselben sind die Unverletzbarkeit und Freiheit von der 
lokalen Gerichtsbarkeit, sowie die eigene Gerichtsbarkeit in dem 
unten näher zu bestimmenden Umfang. Die Exterritorialität der Konsulen 
führt zu einer teilweisen Assimilierung ihrer Stellung mit jener der diplo- 
matischen Agenten). Die formelle Grundlage dieser Stellung der Konsulen 
bilden teils das Herkommen, teils Verträge (die sog. Kapitulationen). Das 
Herkommen bildete im Laufe der Jahrhunderte eine bedeutsame Quelle für 
die Ausgestaltung der Jurisdiktionsgewalt und der Ehrenrechte‘) der 
europäischen Konsulen. 
Im einzelnen kommen hier folgende Immunitäten, Exemtionen und Vor- 
rechte in Betracht: 
1. Die Konsulen sind unverletzbar; sie dürfen weder verhaftet noch 
einer Freiheitsstrafe unterzogen werden. Auch wegen strafbarer Handlungen 
  
1) Vgl. die Literatur oben S. 196 Anm. 1. Dazu noch Lippmann, Die Konsular- 
jurisdiktion im Orient. Ihre historische Entwicklung usw. (1598); Staude, Die völker- 
rechtliche Sonderstellung der Jurisdiktionskonsuln in der Türkei (1900); v. Liszt $ 15, IV, 2) 
Rey, La protection diplomatique dans les öchelles du Levant et de Barbaree (1899); Brouillat, 
Etude historique et critique sur la juridiction Consulaire (1998); Pelissie du Rausas, Le 
regime des capitulations dans l’Empire Ottoman (1902, I. Bd.); Arminjon, Etrangers et 
Proteges dans l’Empire Ottoman (1903, I. Bd.); Bonfils, Nr. 776sq. (mit weiteren Literatur- 
angaben); Savas Pascha in der Strafgesetzgebung der Gegenwart I, 708. 
2) So wird in dem deutschen Freundschaftsvertrag mit Zanzibar vom 20. Dezember 
1855 (RGBI 1686 S. 261) Art. 16 den Angehörigen des deutschen Reiches im Gebiete von 
Zanzibar ausdrücklich das Recht der Exterritorialität zugestanden; sogar die Bediensteten 
und Angestellten der deutschen Reichsangchörigen, die Angehörigen nichtchristlicher, durch 
Konsulen bei dem Sultan nicht vertretenen Nationen genießen denselben Schutz, wie ihre 
deutschen Dienstherren (Art. 17). — Betreffende Exemtionen beziehen sich nach einzelnen 
Verträgen auch auf die Wohnung der christlichen Staatsangehörigen, insofern sie nur mit 
Genehmigung oder in Gegenwart des Konsuls einer Durchsuchung unterzogen werden können. 
3) Vgl. F.v. MartenslMI S. 85; Rivier, Lehrb. $ 43 (die Konsulen haben „eine 
quasi diplomatische“ Stellung inne); Pi@deliävre, Precis I: „On peut dire que les consuls 
v sont traites sur le m“me pied que les ministres publics.“ 
4) Der Versuch der Pforte, einzelne Ehrenrechte, die auf Gewohnheit beruhen, durch 
einen einseitigen Akt aufzuheben (Zirkular vom 11. Oktober 1651), veranlaßte einen Kollektiv- 
protest der interessierten Mächte, in welchem die Unzulässigkeit einseitigen Vorgehens betont 
wurde. Vgl. F. v. Martens II S. 6.
	        
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