Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band III. Völkerrecht. (3)

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246 Viertes Buch. Mittel des rechtlichen Verkehrs der Völkerrechtssubjckte. s 
  
neutral erklärt werden. Der Vorgang beim Zusammentritt ist heute im 
Gegensatz zur früheren Zeit viel einfacher und frei von jedem überflüssigen 
Zeremoniell, Streitigkeiten über Fragen des Vortritts und des Vorsitzes.!) 
V. Die kollegiale Tätigkeit der versammelten Bevollmächtigten beginnt 
mit der Nominierung (Wahl) eines Vorsitzenden; in der Regel tagt 
die Versammlung unter dem Vorsitz des Ministers des Auswärtigen jenes 
Staates, in dessen Gebiet sich der Ort des Zusammentritts befindet?). — Zu 
Sekretären werden in der Regel Gesandtschaftssekretäre oder höhere 
Ministerialbeamte ernannt. — Es folgt sohin die Konstituierung der Ver- 
sammlung durch Austausch und Prüfung der Vollmachtsurkunden 
und die Bestellung der Büreaus. In dieses Stadium fällt mitunter?) auch die 
Erledigung der Frage über die Geschäftssprache, über die Anordnung der 
Plätze und über den Modus der Abstimmung. Je nach der Beschaffenheit 
des Verhandlungsgegenstandes bezw. der Notwendigkeit einer Vorbereitung 
der Verhandlung im Plenum werden Spezialkommissionen bestellt. 
VI Nach durchgeführter Beratung*) wird zur Abstimmung ge- 
schritten. Jeder der beteiligten Staaten hat nur eine Stimme. Formell 
maßgebende Beschlüsse können nur mit Stimmeneinhelligkeit gefaßt 
werden, da die Teilnehmer gleichberechtigt sind, eine Majorisierung demnach 
ausgeschlossen ist. Die Stimmeneinhelligkeit ist übrigens schon Voraussetzung 
des gültigen Zustandekommens des Vertrages, auf den die Verhandlungen 
etwa gerichtet sind. Liegt zunächst nur ein Majoritätsbeschluß vor, so ist 
eine Einigung sämtlicher Teilnehmer anzustreben. Kann eine Einigung nicht 
erzielt werden, so muß der Beratungspunkt von der Verhandlung ausgeschieden 
werden. Betrifft die ablehnende Haltung einzelner Teilnehmer den wesent- 
lichen Inhalt des Beratungsgegenstandes bezw. des projektierten Vertrages, 
so ist die Verhandlung als gescheitert anzusehen. — Die Erklärung des die 
Zustimmung verweigernden Teilnehmers, ein etwa formulierter Protest oder 
vorgebrachte Bedenken müssen in das Protokoll aufgenommen werden. Der 
Standpunkt des nicht Zustimmenden kann übrigens auch in einer selbständigen, 
von ihm unterzeichneten Note (vote et opinion) dem Protokolle als Anlage 
beigefügt werden. 
VII. Über den Gang der Verhandlung, den Inhalt der Beratung und die 
Abstimmungsergebnisse ist ein Protokoll aufzunehmen, welches von den 
Teilnehmern zu prüfen, zu genehmigen und zu unterzeichnen ist. Das Gesamt- 
  
1) So nahmen z. B. auf dem Berliner Kongreß 187$ die Vertreter der Mächte an 
einem hufeisenförmigen Tisch in alphabetischer Ordnung Platz. 
2) Es war ein Akt der Courtoisie, daß auf der Brüsseler Konferenz von 1874 dem 
russischen Bevollmächtigten, dessen Regierung die Beratungen über die Kodifikation des 
Kriegsrechts angeregt hatte, der Vorsitz überlassen wurde. Ebenso im Haag 1907. 
5) Wenn nicht schon in Zusammenhang mit dem Antrag auf Einberufung oder den 
daran sich anknüpfenden Verhandlungen diese Fragen ihre Erledigung gefunden haben. 
4) Der Beratung liegt zuweilen ein seitens des einberufenden Staates bezw. von ciner 
Spezialkoınmission vorbereiteter Entwurf zu Grunde. Der Beratung und Abstimmung können 
aber auch im Laufe der Verhandlung gestellte Anträge unterstellt werden. Derlei Anträge 
oder Erklärungen sind in der Regel schriftlich zu überreichen.
	        
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