Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band III. Völkerrecht. (3)

8 74, Die Staatsverträge. Begriff und Natur der Staatsverträge. 253 
  
  
Völkerrechtssubjekt ist.!) Praktisch werden die Konkordate 2) allerdings 
nach Art der Staatsverträge behandelt. 
V. Zur Bezeichnung der hier in Frage stehenden Verträge?) werden 
verschiedene Ausdrücke gebraucht: Staatsverträge, Staatenverträge, 
Völkerverträge, völkerrechtliche Verträge, öffentliche Verträge, 
Traktate, Konventionen, Übereinkommen — traites und conventions 
— treaties und conventions. Die Ausdrücke Staatsvertrag, traite 
werden gewöhnlich zur Bezeichnung von zwischenstaatlichen Übereinkommen 
gebraucht, denen im Hinblick auf den Gegenstand des Vertrages bezw. die 
Veranlassung zu dessen Abschließung oder auch die solennere Form eine erhöhte 
Bedeutung zukommt: so spricht man von Friedensvertrag, traite de paix und 
nicht von Friedenskonvention; dagegen spricht man auch von Auslieferungs- 
vertrag, Konsularvertrag und Handelsvertrag. Ferner wird der Ausdruck 
Deklaration gebraucht zur Bezeichnung einseitiger Erklärungen des Ein- 
verständnisses, Deduktionen (m&moires) Bescheinigungen (attestations) und 
Anzeigen (significations), die ein Staat an andere Staaten auf diplomatischem 
Wege richtet, denen gleichfalls bindende Kraft zukommt, so z. B. die Deklaration 
Englands und Frankreichs vom 29. März 1854, betreffend die Rechtsstellung der 
Neutralen während des Krimkrieges, *) ferner zur Bezeichnung von Erklärungen 
mehrerer Staaten, die das Ergebnis vertragsmäßiger Stipulationen sind, so 
z. B. die Pariser Seerechtsdeklaration vom Jahre 1856.5) Wirkliche Verträge 
sind auch die Kapitulationen und Kartelle im Frieden und im Kriege. 
VI. Staatsverträge sind Rechtsgeschäfte, durch welche die Staaten 
(als solche) zum Zwecke der Begründung, Abänderung oder Aufhebung von 
Ansprüchen oder Verpflichtungen ihren Willen einigen und diese Willens- 
einigung erklären.°) Aufdem Boden des Völkerrechts haben diese Rechts- 
geschäfte unmittelbare rechtliche Wirkung für die Staaten als Kontrahenten; 
aber auch nur für diese Staaten, also nicht für dritte Staaten, die an 
t) Vgl. Hübler a. a. 0. $ 3 sub 3 (S. 829 1. Sp.) — Uneigentliche Staatsverträge 
nennt Geßner, HH IH S. 23 (ähnlich wie Hermann in Bluntschli’s Staatswörterbuch 
8. v. „Konkordate“) die Konkordate. Zu jenen zählt Geßner überhaupt alle Verträge, welche 
nicht seitens beider Kontrahenten durch die Staaten gestützt werden: Verträge zwischen Sou- 
veränen oder Dynastien unter sich oder mit fremden Staaten über persönliche und dyna- 
stische Ansprüche auf die Thronfolge, Staatsverträge mit fremden Privatpersonen, welche 
ausnahmsweise unter völkerrechtlichem Schutz stehen, über Staatsverhältnisse. Siche auch 
neuesteus Heilborn, System S. 201 ff. 
2) Über Cirkumskriptionsbullen siehe Hübler a. a. 0. 
3) Vgl. Rivier, Lehrb. $ 47. 4) Vgl. Bonfils p. $16. 
5) Die Beschlüsse der Brüsseler Konferenz vom Jahre 1874 betreffend die Kodifi- 
zıerung des Kriegsrechts führen auch den Namen Deklaration. Indessen das Ergebnis 
jener Verhandlungen hat lediglich die Bedeutung eines Entwurfes eines völkerrechtlichen 
Reglements; dieser Entwurf wurde nicht durch Vertrag zu einem Völkergesetz erhoben. 
6) Vgl. die den Charakter des Staatsvertrages als Rechtsgeschäft zum Ausdruck 
bringenden Begriffsbestimmungen bei Laband, H S. 155; Seligmann a. a. O. 2; Berg- 
bohm, Staatenverträge S. 77; Gareis $ 72: Calvo IIl $ 1575; Nippold S. 93, 94 und die 
eingehenden Erörterungen über diese Frage in dessen Ausführungen zur Theorie des völker- 
rechtlichen Vertrags 8. 92 ff. — A. M. Zorn, Staatsrecht II S. 422; gegen Zorn vgl. Weg- 
mann 2. a. 0. S. Tuff. 
 
	        
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