8 75. Abschluß der Staatsverträge. 1. Konträhenten der Staatsverträge. 255
Vertrages.) Der korrekte Vorgang ist der, daß mit der Publikation der
Befehl, den Inhalt des Vertrages zu befolgen, verbunden wird. Begnügt man
sich mit der Publikation allein, so wird allerdings der Befolgungsbefehl still-
schweigend erteilt. 2)
$ 75. Abschluß der Staatsverträge. 1. Die Kontrahenten der Staats-
verträge. I. Staatsverträge können in der Regel nur von souveränen
Staaten?) abgeschlossen werden. Als Völkerrechtssubjekte besitzen sie die
zur Vornahme solcher rechtlich bedeutsamer Handlungen erforderliche
Rechtsfähigkeit. Beschränkungen der Souveränetät, welche die Rechts-
fähigkeit nach außen nicht berühren, äußern auch keinen Einfluß auf
die Fähigkeit, an dem Abschluß eines Vertrages mit anderen Völkerrechts-
subjekten teilzunehmen. Übrigens ist es nicht möglich, eine feste Regel be-
züglich des Vertragsrechts der nicht vollsouveränen Staaten aufzustellen: die
besondere rechtliche Stellung des betreffenden Staates und die Eigenart des
konkreten Falles entscheiden hier allein. Das vasallitische Verhältnis, die
Protektoratsverhältnisse und die in den verschiedenen Bundesstaaten verfassungs-
mäßig geltenden (verschiedenen) Grundsätze über die Abgrenzung der Kompetenz
des Bundes_und der Gliedstaaten äußern bezüglich der vorliegenden Materie
verschiedene Wirkungen. ')
II. Da alle Aktionen des Staates als juristischer Persönlichkeit
nur durch seine Organe vermittelt werden können, so sind es auch bei der
Abschließung von Staatsverträgen die physischen Personen, welche nach
der Verfassung und nach den für die Tätigkeit der staatlichen Organe be-
stehenden Vorschriften für den Staat und im Namen des Staates die für den
gültigen Abschluß des Vertrages erforderlichen Handlungen vornehmen. Die
Wirksamkeit der Staatsverträge weist nach dem oben (S. 254) Gesagten eine
völkerrechtliche und eine staatsrechtliche Seite auf; es sind aber
schon bezüglich des Abschlusses gleichfalls völkerrechtliche und staatsrecht-
1) Vgl. Ernst Meyer a. a. O0. (Die Publikation von Staatsverträgen); Kaufmann,
Die Rechtskraft des internationalen Rechts 37.
2) Laband, H. S. 155 rügt dieses Verfahren, weil es die Vorstellung hervorrufen
kann, „als ob Behörden und Untertanen durch den Abschluß des Vertrages zur Befolgung
desselben verpflichtet würden und als wenn die Verkündigung des Vertrages keine andere
Bedeutung hätte, als ihn zur öffentlichen Kenntnis zu bringen“. Über die Mängel des
deutschen Verfahrens bei Verkündigung von Staatsvertrügen siehe ebenda S. 160, 161.
2) Oppenheim I, $ 494: The so called right of making treatıes is not a right
of a State in the technical meaning of the term, but a mere competence attachıng to
sovereignity. A State possesses, therefore, treaty-making power only so far as it is
sovereign.
4) So sind z. B. nach Art. 11 der deutschen Reichsverf. die Gliedstaaten
kompetent zur Abschließung von Verträgen betreffend alle jene Gegenstände, welche nicht
nach Art. 4 RV der Kompetenz des Reiches vorbehalten sind. Nach Art. 1 Sektion 10 der
Verf. der nordamerik. Union dürfen die Gliedstaaten weder unter einander noch mit
auswärtigen Staaten Verträge abschließen. Nach Art.7 u.9 der Verf. der schweizerischen
Fidgenossenschaft dürfen die Kantone unter einander nichtpolitische Verträge ab-
schließen, ferner Verträge mit auswärtigen Staaten, die volkswirtschaftliche Interessen, Ver-
kehrsinteressen oder polizeiliche Angelegenheiten zum Gegenstande haben.