$ 76. Abschluß der Staatsverträge. 2. Die Verhandlungen. 261
dieses Organs ist aber in diesen Fällen eingeschränkt und seine Legitimation
ergänzungsbedürftig.
$ 76. 2. Die Verhandlungen. Der für den Vertragsabschluß maß-
gebenden Handlung der Kontrahenten — dem Austausch der Ratifi-
kationsdokumente — gehen Verhandlungen der Bevollmächtigten
vorauf!). Diese Personen handeln auf Grund der ihnen erteilten Vollmachten,
welche den Gegenstand der Verhandlungen bezeichnen. Die Verhandlungen
beginnen nach Austausch und Prüfung der Vollmachten. Diese Prüfung der
Legitimation kann unterbleiben. Die Erklärungen der ohne Vollmacht ver-
handelnden Person haben die Bedeutung bloßer Sponsionen, deren Rati-
fikation seitens des Staates, für den ohne Vollmacht verhandelt wurde,
verweigert werden kann?). Während die Vollmacht formelle Voraussetzung
der Beteiligung des Bevollmächtigten an den Verhandlungen ist, bildet
die dem Bevollmächtigten in der Regel gleichzeitig erteilte Instruktion
die Grundlage für sein Verhalten bei der Verhandlung, insofern darin die
Absicht der bevollmächtigten Regierung in bezug auf den abzuschließenden
Vertrag und sohin der Inhalt ihrer beim definitiven Abschluß des Vertrages
allein in Betracht kommenden Willensentscheidung zum Ausdruck gebracht
wird. Die Instruktion?®), die gewöhnlich schriftlich erteilt wird, muß nicht in
einem einzigen Schriftstück bestehen; sie kann nach Bedarf im Laufe der
Verhandlungen abgeändert und ergänzt werden; es kann auch wohl neben der
schriftlichen noch eine mündliche Instruktion erteilt werden. — Überschreitet
der Bevollmächtigte seine Instruktion, sei es rücksichtlich des Gegenstandes,
sei es bezüglich der mit Bezug auf den Gegenstand des Vertrages in der In-
struktion bestimmt bezeichneten Absicht der Regierung (in der Hauptsache
oder in den Einzelheiten), so kommt kein Vertrag zustande, weil der Wille des
Kontrahenten nicht zur Erklärung gelangt ist: der für den Abschluß ent-
scheidende Akt des Kontrahenten — die Ratifikation — wird ausbleiben. Hiernach
genügt es nicht, wenn der Bevollmächtigtenur die Grenzen seiner offenen Vollmacht
nicht überschritten hat; er muß auch gemäß seiner Instruktion — ohne Unter-
schied, ob sie eine geheime ist oder nicht?) — in allen Punkten gehandelt
haben, da die Ratifikation in erster Linie die Genehmigung der von dem Unter-
händler im Namen des bevollmächtigenden Kontrahenten abgegebenen Er-
klärungen ist, an welche die förmliche in der Ratifikation zum Ausdruck
kommende Willenserklärung des Kontrahenten erst geknüpft werden kann’). —
1) Laband, H S. 169; Wegmann a.a.0. S.17; Nippold.a.a. O0. S. 121.
2) Die Unterscheidung von Verträgen und Sponsionen ist heute von geringer Be-
dentung, seitdem die Notwendigkeit der Ratifıkation für den gültigen Abschluß von Staats-
verträgen durchgreifende Bedeutung erlangt hat. Vgl. Oppenheim, $ 495.
3) Vgl. Hartmann 8. 129 ff.
4) Instruktionen sind immer insofern geheim, als sie nicht zur Mitteilung an den Be-
vollmächtigten des anderen Kontrahenten bestimmt sind. Hartmann 8. 130.
5) Es ergibt sich dies aus dem Wesen der Ratifiıkation, die in Fällen der Unterhand-
lung durch Bevollmächtigte der Sache nach in eine Genehmigung der Erklärungen der Be-
vollmächtigten und die definitive Annahme des Ergebnisses der Verhandlungen zerfällt.
Vgl. Wegmanna a. O0. S. 10.