Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band III. Völkerrecht. (3)

264 Viertes Buch. Mittel des rechtlichen Verkehrs der Völkerrechtssubjekte. 8 78. 
  
beeinflußten Willenserklärung ist die Nichtigkeit des Vertrages. Betrug 
bewirkt eventuell Anfechtbarkeit des Vertrages. 
$ 78. 4. Die Ratifikation der Verträge'). I. Die von den Bevoll- 
mächtigten geführten Verhandlungen finden ihren Abschluß in der Unter- 
zeichnung des Schriftstückes, in welchem das Ergebnis der Verhandlungen 
niedergelegt ist. Dieser die Verhandlungen der Bevollmächtigten ab- 
schließende Akt ist jedoch keineswegs der Abschluß des Vertrages selbst 2). 
Dieser erfolgt erst durch einen Akt der Kontrahenten, d. i. die Ratifi- 
kation des Vertrages. Erst durch den Austausch der Ratifikationen wird der 
Vertrag völkerrechtlich perfekt®).. Das Ergebnis der Verhandlungen der Be- 
vollmächtigten hat also in der Tat juristisch nur die Bedeutung eines Ver- 
tragsentwurfs®), wenngleich für die Regelfälle im Auge zu behalten ist, 
dab der wahre Wille der Kontrahenten den Vollmachten und Instruktionen 
gemäß durch das Medium der Verhandlungen der Bevollmächtigten objektiv 
und materiell zum Ausdruck gelangt, ebenso die für das Zustandekommen 
eines Vertrages nötige Willenseinigung der Sache nach gegeben ist; allein der 
Abschluß des Staatsvertrages ist so sehr ein Akt der souveränen Staats- 
gewalt selbst, daß eben nur die im Namen des Staates zum Abschluß legiti- 
mierten Organe ihre Willenseinigung in einer juristisch maßgebenden Hand- 
lung zum Ausdruck bringen können). Die Ratifikation kann nicht entbehrt 
werden, weil der Wille des Staates durch die berufenen Organe zum Ausdruck 
kommen muß; den Vertragswillen des Staates können aber nur die zur Repräsen- 
tation der kontrahierenden Staaten legitimierten Organe bekunden. Sie ist 
unentbehrlich, mag es sich im einzelnen Vertrage um die Ordnung wichtiger 
Angelegenheiten oder um einen unbedeutenden Gegenstand handeln. Sie 
kann auch nur seitens des einen Kontrahenten notwendig sein, wenn auf der 
anderen Seite das oberste Organ des Staates persönlich an den Verhandlungen 
beteiligt war und den Vertragswillen selbst schon zu rechtswirksamen Ausdruck 
4) Wurm, in der deutschen Vierteljahrsschrift 1545, 1. H. S. 163 ff.; Berner in 
Bluntschli’s Staatswörterbuch 8. v. „Staatenverträge*; v. Bulmerincg in v. Holtzen- 
dorff’s Rechtslexikon s. v. „Ratifikation*; F. v. Martens IS. 395 ff., Hartmann S. 130ff.; 
Jellinek, Staatenverträge S. 53ff.; Laband, Staatsrecht a. a. O0. und H $& 49; Rivier, 
Lehrb. S. 170: Geffeken zu Heffter $ 87; Wegmann, Scligmann, Pröbst a.a.0.: 
Nippold a. a. 0. S. 122 ff. 
5) Indessen bedient sich selbst der offizielle Sprachgebrauch vielfach einer juristisch 
unzutreffenden Ausdrucksweise, wenn die Unterzeichnung des von den Bevollmächtigten 
festgestellten Vertragsentwurfs als „Abschluß* des Vertrages bezeichnet wird. Vgl. übrigens 
iiber die Bedeutung der Unterzeichnung: Laband, Staatsrecht I S. 656; Geffcken zu 
Heffter $ 87; Pröbst a. a. O. S. 211; Seligmann a. a. O0. S. 24. 
6) Vgl. Wegmann a. a. O.S. 11; Laband, H S. 169; Nippold a. a. 0. 8. 123. 
17) Laband, H1l1,S. 122. 
8) Mit Recht stellt Zorn a. a. O. S. 25 die Ratifikation eines Staatsvertrages in Pa- 
ralfele mit der Sanktion der Gesetze. Die gleiche Beurteilung finden Ratifikation und 
Sarktion bei F. v. Martons 1 S 397. Gegen die Ansicht von Zorn, daß die Ratifikation 
zugleich den Gesctzesbefehl enthalte, der den Staatsangehörigen die Beobachtung des Ver- 
trages befichlt, siche Jellinek, Staatenverträge 55. Diese Ansicht hat übrigens Zorn in 
der 2. Aufl. aufgegeben. Die richtige Ansicht vertritt auch Gareis $ 72 IV, 5 Anm. 1 vel. 
mit & 22 (S. 59). 
 
	        
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