8 $1 7. Beteiligung dritter Staaten an Staatsverträgen. 273
$ 81. 7. Beteiligung dritter Staaten an Staatsverträgen !., Verträge
sind erklärte Willenseinigungen bestimmter Subjekte; es haben nach dem oben
Ausgeführten auch die Staatsverträge rechtliche Wirkung nur für die Kontra-
henten. Während aber im Privatrechtsverkehr abgeschlossene Verträge die
Regelung isolierter, in den Personen der Kontrahenten sachlich und formell
abgeschlossener Interessen zum Gegenstande haben, berühren die Gegenstände
der Staatenverträge, wenngleich auf den ersten Blick auch lediglich mit dem
Interessenkreis der Kontrahenten verknüpft, doch vielfach auch zugleich die
Interessen anderer Staaten und zwar mindestens in dem Maße, als die meisten
wichtigeren internationalen Vorgänge für jedes Glied der internationalen Ge-
meinschaft ein Interesse aufweisen. Die heute im Verkehrsleben der Staaten
machtvoll zur Geltung gelangte Solidarität der Interessen aller Glieder der
Völkergemeinschaft ist die sachliche Grundlage und der materielle Legitimations-
grund für die Kundgebung legitimer Interessen in Angelegenheiten, die, schein-
bar eine res inter alios gesta, gleichwohl internationale Bedeutung aufweisen
können. Auf dieser Grundlage ist eine Beteiligung dritter Staaten auch an
Staatsverträgen denkbar; sie kommt auch in der Praxis in verschiedenen
Formen vor; eine der wichtigsten ist die Vermittlung (Mediation) 2) (s. da-
rüber unten in d. L. vom rechtlichen Verfahren). — Die Beteiligung kann ferner
erfolgen durch Akzession, Beitritt oder Adhäsion, Anschluß. Akzes-
sion, Beitritt ist der förmliche Eintritt eines Staates in ein bereits bestehendes
Vertragsverhältnis anderer Staaten. Der Beitritt bewirkt, daß der beitretende
Staat dieselben Rechte und Pflichten für sich begründet, die für die Kontrahenten
aus dem Vertrage überhaupt entspringen. Daraus ergibt sich, daß die Beitritts-
erklärung von den anderen Kontrahenten angenommen sein muß, um jene
Wirkung hervorzubringen®). In Verträgen, deren Gegenstand mit den Inter-
essen der Gesamtheit der Staaten zusammenhängen oder durch die insbesondere
internationale Institutionen der Wohlfahrtspflege geschaffen werden, wird der
Beitritt den an dem Abschluß des Vertrages nicht beteiligten Mächten vor-
behalten 4). — Die Adhäsion ist minder förmlich und beschränkt sich mit-
unter nur auf einzelne Bestimmungen eines zwischen anderen Staaten ge-
enthält die Bestimmung, daß der russisch-türkische Zusatzvertrag betreffend die leichten Küsten-
schiffe ohne Zustimmung der Vertragsmächte weder aufgehoben noch verändert werden soll.
(Wichtig für das Vorgehen Rußlands 1871).
1) E. v. Martens II, $ 111; Gareis $ 72; Hall, 8 114; Oppenheim I], $ 529 eq.;
Bonfils p. 832 sq.; Despagnet, Cours p. 457; Pradier-Fodör& II 8 1127 sq.; Rivier
Principes II, 89 sq. 2) F. v. Martens IS. 408.
3) Vgl. Abs. 2 und 3 der Kongokonferenzakte vom Jahre 1885; Abs. 2: „Der Beitritt
jeder Macht wird auf diplomatischem Wege zur Kenntnis der Regierung des Deutschen
Reiches und von dieser zur Kenntnis aller der Staaten gebracht, welche diese Generalakte
unterzeichnen oder derselben nachträglich beitreten“. Abs. 3: „Er bringt zu vollem Recht
die Annahme aller Verpflichtungen und die Zulassung zu allen Vorteilen mit sich, welche
durch die gegenwärtige Generalakte vereinbart worden sind.“
4) So sagt z. B. Art. 37 Abs. 1 der Kongokonferenzakte vom Jahre 1885: „Die die
gegenwärtige Generalakte nichtunterzeichnenden Mächte können ihren Bestimmungen durch
einen besonderen Akt beitreten.“
Ullmann, Völkerrecht. 18