274 Viertes Buch. Mittel des rechtlichen Verkehrs der Völkerrechtssubjekte. $ 82
schlossenen Vertrages; sie bezieht sich auch wohl bloß auf Rechtsprinzipien,
die in dem betreffenden Vertrage deklariert sind '). Die Erklärung des An-
schlusses, die von den Signatarmächten angenommen wird, enthält eine rechts-
förmliche Billigung betreffender Grundsätze usw.; sie begründet daher mindestens
die Pflicht, der Ausführung des Vertrages nicht hindernd entgegenzutreten 2).
— Ein bloß formeller Beitritt bezweckt bloß die Erhöhung der Solennität
des betreffenden internationalen Akts, begründet jedoch keine Verpflichtungen ?).
— Eine Einmischung, Intervention ist nur dann rechtmäßig, wenn
Vertragsverhandlungen dritter Staaten erworbene Rechte des Intervenienten
gefährden oder verletzen +). Sonstige Fälle der Intervention bilden Akte der
Selbsthilfe (s. unten in der Lehre von der Intervention), denen gegenüber
das Urteil offen bleibt, ob es sich im einzelnen Fall um einen Akt zulässiger
Intervention handelt. Hierher gehört z. B. der unter Anm. 4 erwähnte Fall
der Intervention gegen den Frieden von Shimonoseki
$ 82. Arten der Staatsverträge°). I. Die völkerrechtliche Doktrin
hat sich seit Grotius®) mit der Frage der Einteilung der Verträge beschäftigt °)
Indessen sind alle bisher formulierten Unterscheidungen nicht einwandfrei.
1) Beispiel: Der „Anschluß“ einzelner Seemächte an die Deklaration der Kaiserin
Katharina II. vom 28. Februar 1780 betreffend die Grundsätze des internationalen Seerechts.
Diesem „Anschluß“ folgte später der „Beitritt“ zur „Bewaffnceten Neutralität“. — Auch der
Pariser Seerechtsdeklaration hatten sich die anderen Staaten „angeschlossen“. Vgl. F. v.
Martens I S. 409; Geffceken zu Heffter $ 88. 2) Vgl. Rivier, Lohrb. $ 50.
3) Über Approbation von Verträgen vgl. Pradier-Fod£r&, Trait& III $ 1144.
4) Rivier, Lehrb. $ 50 führt aus der neuesten Geschichte als charakteristisches Bei-
spiel berechtigter Intervention die Einmischung Großbritanniens und Östeneichs ia die
russisch-türkischen Friedensverhandlungen nach dem Präliminarfrieden von San Stefano 187%
an. Die Grundlage der Einmischung war die im Pariser Frieden 1856 vereinbarte Kollektiv-
garantie des ottomanischen Gebietes. Ein neuerer Fall ist die Intervention Deutschlands,
Rußlands und Frankreichs gegen den Frieden von Shimonoseki im chinesisch-japanischen
Kriege 1895. Der Charakter dieses Falles ist indessen ein ganz verschiedener, daher das ver-
schiedene Verhalten der Mächte; so entschied sich England schließlich für Nichtintervention.
Siche übrigens Näheres in RG II, 456 saq.
5) Geßner, HH III 8. 19 ff.: Heffter-Geffcken $$ 89 ff.: Bluntschli, Völkerrecht
88 442ff.; F. v. Martens I S. 418 ff.; Hartmann S. 141ff.;, Leopold Neumann 8. 68 ff.:
Gareis $ 73; Rivier, Lehrb. $ 52; Bergbohm, Staatsverträge S. 79 ff.; Jellinek, Staaten
verbindungen S. 104 ff.; Bonfils p. 861 sq.
6) Grotius unterscheidet Verträge, die aus dem jus naturale entspringen und solche,
die zu den aus dem jus naturale entspringenden Obligationen durch Konvention der Staaten
etwas hinzufügen oder (nach Pufendorf) das unbestimmte Recht feststellen und ergänzen.
:) Heffter unterscheidet Konstitutiv-Verträge, durch welche Staaten bestimmte
subjektive Rechte erwerben, wie z.B. Grenzregulierungs-, Teilungs-, Zessionsverträge u. 8. w.
— Regulatorische Verträge, durch welche politische und soziale Beziehungen der
Staaten geregelt werden, z. B. Verträge betreffend den Handelsverkehr u. 8 w. — Gesell-
schaftsverträge oder Bündnisse, durch welche die Staaten sich zu gemeinsamen Ver-
halten oder Vorgehen im Hinblick auf einen gemeinschaftlichen Zweck verpflichten. Ein ein-
heitlicher Einteilungsgrund liegt indessen dieser Gruppierung nicht zu Grunde. — Durchaus
unhaltbar, weil teils einseitig in der Wahl des Einteilungsgrunds, teils unzutreffend mit Be-
zug auf leitende Grundsätze über die Entstehung von Verträgen, ist die Einteilung von
Bluntschli a.a.O. in Verträge direkt zwischen zwei oder mehreren Staaten und solchen
zwischen untergeordneten Behörden verschiedener Staaten. — Die Einteilung in Traktate, die