Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band III. Völkerrecht. (3)

& 87. Insbesondere das Wassergebiet. 291 
  
Fischen !), Muscheln (Austernbänken, Perlen) usw. an dem ausschließlichen 
Betrieb der Küstenfrachtschiffahrt (Cabotage)°) usw. Die allgemeine An- 
erkennung ausschließlicher Rechte des Uferstaates in der eben gedachten 
Richtung ist in der Tat nur bei gleichzeitiger Anerkennung der exklusiven 
Herrschaft des Uferstaates denkbar und zu rechtfertigen, und bildet ein 
Hauptargument gegen die Ansicht, daß dem Uferstaate bezüglich des Küsten- 
meeres nur einzelne Rechte, dagegen nicht die volle Staatsgewalt zustehe 3). 
Die exklusive Hoheit des Uferstaates in den Küstengewässern steht aber 
auch im Dienste der Interessen der seefahrenden Nationen; die 
Aufstellung von Leuchttürmen, die Errichtung von Lootsenstationen, die MaB- 
regeln zur Verhütung des Zusammenstoßes von Schiffen, die Bezeichnung und 
Freihaltung des Fahrwassers usw. sind ebenso viele Bedingungen des Schutzes 
der Interessen fremder Schiffahrt, sei es, daß es sich um den Handels- und 
Schiffahrtsverkehr des Uferstaates mit anderen Nationen oder um die völker- 
rechtlich freigelassene Durchfahrt fremder Schiffe (Kriegsschiffe, Privatschiffe) 
durch das Küstengewässer handelt. In letzterer Beziehung steht das Küsten- 
gewässer dem freien Meere gleich: fremde Schiffe dürfen ohne vorgängige 
Anfrage und Erwerbung einer Erlaubnis das Küstengewässer passieren, wobei 
allerdings ein unschädlicher Gebrauch dieses Rechts vorausgesetzt wird. In 
Kriegsfällen erfährt dieses Recht der fremden Schiffahrt eine Modifikation, 
insofern der 'kriegführende Uferstaat nach Kriegsrecht befugt ist, den ihm 
schon in Friedenszeiten zustehenden Schutz des Landes nach der Seeseite durch 
entsprechende Maßregeln zu erhöhen. Ferner kann der neutrale Uferstaat 
im Kriegsfalle die Durchfahrt besonders regeln. 
Auf den angedeuteten Grundlagen und innerhalb der bezeichneten recht- 
lichen Grenzen übt der Uferstaat seine Autorität innerhalb des Küstengewässers 
in derselben Ausschließlichkeit wie innerhalb des Landgebietes aus; das Küsten- 
gewässer ist seinen Gesetzen, seiner Jurisdiktion, seiner Polizeigewalt, seiner 
finanziellen Administration unterworfen. Delikte, die innerhalb des Küsten- 
gewässers begangen sind, werden nach den Gesetzen des Uferstaates von dessen 
Gerichten bestraft — vorausgesetzt, daß das Delikt nicht auf einem auf der 
Durchfahrt befindlichen fremden Schiffe (an Bord dieses Schiffes) begangen 
  
1) Vgl. z. B. Art. 2 der Haager Konvention v. 6. Mai 1882 „Les pöcheurs nationaux 
jouissent du droit exelusif de pöche dans le rayon de 3 milles & partir de la laisse de basse 
mer...“ In demselben Sinn $ I des französ. Ges. v. 1. März 1888 bezüglich der französi- 
schen und algerischen Küstengewässer. — Die Fischerei kann Fremden gestattet oder aus- 
schließlich eingeräumt werden. Einschlägige Verträge z. B. Utrechter Friedensvertrag 1713, 
Pariser Vertrag 1763, Versailler Vertrag 1783. 
2) Die Cabotage kann vom Staat frei erklärt werden (wie z. B. in Belgien) oder durch 
Verträge mit dritten Staaten diesen konzediert werden. Durch Verträge kann auch die Be- 
teiligung fremder Nationen an der Fischerei konzediert werden. Vgl. im Ganzen Godey 
l. c. $ 359. 
3) Wenn seitens der Vertreter dieser letzteren Ansicht, behauptet wird, daß bei An- 
nahme exklusiver Herrschaft des Uferstaates diesem das Recht zustehen müßte, das Küsten- 
meer zu veräußern, so ist auf die Unveräußerlichkeit des Küstenmeeres hinzuweisen. So 
richtig Oppenheim 1, 183 (p. 240), 
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