Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band III. Völkerrecht. (3)

& 5%. Insbesondere das Wassergebiet. Fortsetzung. 295 
  
bezüglich des Küstenmeeres internationale Interessen. Diese Wassergebiete 
sind jedoch nur dann Territorialgewässer, wenn sie von dem adjazierenden 
Staat (bezw. den mehreren adjazierenden Staaten) beherrscht, d. h. der Zugang 
von der Küste aus gesperrt werden kann. Ist die Küste von einem einzigen 
Uferstaat beherrscht, so bildet der Meerbusen usw. einen Teil des Gebietes 
dieses Staates.) Ist der Zugang von zwei oder mehreren Staaten beherrscht, 
so gehört der Meerbusen beiden bezw. allen adjazierenden Staaten zu reellen 
Teilen. Ist der Zugang von einem Staate, dagegen die Küste des Meerbusens 
von einem anderen Staate beherrscht, so hat der erstere kein ausschließliches 
Hoheitsrecht über das Gewässer.) — Wie bemerkt, kommen hier nur solche 
Gewässer in Betracht, deren Zugang von einem oder mehreren Staaten beherrscht 
werden kann. Größere Golfe und Meerbusen bilden Teile des offenen Meeres. 
Maßgebend ist die Entfernung jener zwei Punkte des Zugangs, deren Verbindung 
mittelst einer Linie als die kürzeste Distanz des Zugangs sich darstellt. Es 
wird der Regel nach angenommen, daß eine Distanz von mehr als zehn See- 
meilen die Herrschaft des Uferstaates ausschließt.3) Das Institut für inter- 
nationales Recht hat in seinen Beschlüssen betreffend das Territorialmeer die 
Zwölfmeilendistanz angenommen. ) Diese Distanz korrespondiert der Sechs- 
meilengrenze des Küstenmeeres und dem Grundgedanken, der für die Fixierung 
dieser letzteren maßgebend war (s. 0. S. 293).°) 
Auch für die Frage der Zugehörigkeit der Meerengen (und Meerarme) 
ist die Möglichkeit der Beherrschung des Gewässers durch den Uferstaat ent- 
scheidend. Gehören die beiderseitigen Ufer verschiedenen Staaten, so gehört 
die Meerenge beiden zu reellen Teilen oder beiden gemeinsam.) Kann die 
Meerenge von der Küste aus nicht gesperrt werden, so gehört sie zur offenen 
See.”) — Internationale Interessen begründen eine Beschränkung der Hoheits- 
rechte des Uferstaates, wenn die Meerenge die Verbindungsstraße zweier offener 
Meere bildet; solche Meerengen sind der unschädlichen Benutzung aller Nationen 
1) Der Jadebusen, das frische Haff, das kurische Haff, der Stettiner Busen sind deutsch. 
der Zuydersee holländisch, der Rigaer Busen russisch. 
2) Die Kleker Bucht gehört daher Österreich und der Türkei. 
3) Hievon ist zuerst der französisch-englische Vertrag vom 2. August 1839 betr. die 
Kanalfischerei ausgegangen. — Siehe auch die Bemerkungen bei Perels, Intern. Seerecht (1. A.) 
S. 38 ff. betr. das auschließliche Fischereirecht an der deutschen Küste, das den Fischern 
deutscher Nationalität in Buchten und Baien von zehn Seemeilen und weniger Breite 
von den äußersten Punkten des Landes und der Sandbänke reserviert ist. 
4) Art. 3 der Beschlüsse (Annuaire XIII p. 929). 
5) Der heute die Regel bildenden Zehnmeilendistanz widerspricht die Verordnung der 
englischen Regierung vom Jahre 1872, durch welche die Bay of conception, obschon sie 15 
Meilen breit ist, als englisches Territorialgewässer erklärt wird. — Territorialmecr sind auch 
keineswegs die oben erwähnten sog. englischen Königskammern. 
6) Der Bosporus und die Dardanellen sind türkisch, der große Belt ist dänisch, die 
Straße von Messina italienisch. — Der Sund ist dänisch und schwedisch, der kleine Belt deutsch 
und dänisch. (Anders der Standpunkt Dänemarks.) Der Solent ist englisch. Über konkur- 
rierende Gebietshoheit vgl. Perels, Internat. Seerecht S. 35. 
7) England erhebt indessen Ansprüche auf Wasserstraßen, bei denen jene Anforderung 
nicht zutrifft, so bezüglich des St. Georgkanals, des Nordkanals und des Irischen Meeres. Vgl. 
neuestens Oppenheim I, $ 194. 
 
	        
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